1. Schattenspiele der Kindheit

Elaine Schmallenberg

von Elaine Schmallenberg

Story

Ich öffnete meine Augen und blickte in den sich über mir erstreckenden Sternenhimmel. Die Welt erschien mir so klein in diesem Meer der Unendlichkeit. Es birgt so viele Geheimnisse, die fürimmer unentdeckt bleiben sollten. Jeder einzelne Stern erzählte seine eigene Geschichte und ich hätte sie gerne alle gehört. Für mich sind sie die Seelen lang Verstorbener, die über uns wachen. Diese Magie fesselte mich und ließ mich einfach nicht los. So oft saß ich schon an jenem Baum und sah hoch in die Sterne. Früher teilte ich diese Leidenschaft immer mit meiner Mutter, weil sie diese Magie genauso geliebt hatte wie ich. Wir saßen dort oft stundenlang und überlegten uns, was für Geschichten hinter den Sternen liegen könnten. Diese Momente habe ich so sehr geliebt und sie werden auch für immer in meinen Gedanken leben. Als Kind war ich dann auf diesen riesigen Baum geklettert, um dem Himmel noch näher sein zu können. Dort oben fühlte ich mich unfassbar frei und ich hatte das Gefühl, dass alles möglich wäre, wenn man nur daran glaubte. Von dort oben konnte man auch unsere ganze Stadt, Arkenia, mit ihren sonst so belebten Straßen, überblicken. Die Leute die von Geschäft zu Geschäft eilten, die kleinen Kinder die zwischen ihnen umher wuselten und die vielen kleinen Gassen. Sie sahen alle so glücklich aus. Das weite Meer, das sich vor Arkenia erstreckte, trug Schiffe mit Händlern auf sich und verschwand erst hinter dem Horizont. In der Nacht war das Bild aber ein ganz anderes. Die Stadt lag in einer tiefen Dunkelheit und nur vereinzelt sah man Lichter von Leuten, die genauso die Nacht liebten wie ich, durch die Fenster scheinen. Die Nacht hatte einfach etwas Magisches an sich, weil so vieles unentdeckt blieb. Auch das Meer sah in der Dunkelheit wie ein Tor zur Finsternis aus, was auch gar nicht so abwegig war, wenn ich daran dachte, wie viele Schiffe von ihren Reisen nicht mehr wiedergekehrt waren und welche schaurigen Geschichten man schon von einigen Seeleuten gehört hat. Das Rauschen des Meeres konnnte ich bis zu mir hören. Es war wie eine leise Stimme, die versuchte dir etwas mitzuteilen. Dazu zog ein kühler Wind durch die Bäume und mir wurde augenblicklich ganz mulmig. Langsam stand ich aus dem seichten Gras auf und strich mir eine ins Gesicht gefallene Strähne hinters Ohr. Ich trat auf die Lichtung, auf der der mein Baum stand und blickte direkt auf den düsteren Wald, Tenebris, der die Grenze unseres Reiches, Lindeza, zog. Auf der anderen Seite lag Morkor, das Reich der Verur, den Gestaltenwandlern. Diese Grenze gab es schon seit tausenden von Jahren und wurde seither auch nicht mehr überschritten. Jeder lebte nach seinen eigenen Vorstellungen. Verur und Rees kommen, wie es die Geschichte beweist, nicht miteinander aus. Es wird gesagt, dass sie wie Tiere lebten und das komplette Gegenteil von uns waren. Nach einem Krieg, um Land und Ressourcen wurde dieser Wald errichtet. Bis heute weiß niemand wie er entstanden ist und niemand hatte sich auch seither getraut die Grenzen zu überschreiten.

© Elaine Schmallenberg 2023-09-11

Genres
Science Fiction & Fantasy