von MissBathy
Das unablässige Piepen und Fiepen meiner Schrottkarre störte mich beim Verhätscheln meiner düsteren Gedankenspiralen. Allgemein wurde es immer schwieriger einen klaren Gedanken zu fassen, seitdem ich meine Medikamente verschrieben bekam. Außerdem war es zu heiß.
Schwere Depressionen hieß es. Nein, mittelschwere, Pardon. Schließlich wollte ich mich nur umbringen, habe allerdings keinen Versuch gestartet. Passive Suizidalität qualifiziert keinen für die wahre, Hardcore Depression. So oder so ähnlich steht es im Arztbrief. Man lernt ja nie aus.
Der Rauch meiner Zigaretten wirbelte und drehte sich wunderschön im kalten Licht der Straßenlaternen unter denen mein kleiner Prius stand. Es stank ganz köstlich nach verbrannten Tabak, Schweiß und jugendlichem Selbstmitleid.
Die kleinen roten Ziffern an meinem Tacho zeigten mir an, dass ich noch ganze zwei Minuten hätte, bis ich aus meinem Auto hinaus und in das beige Zimmer hinein gehen müsste. Ich hatte absolut keine Lust. Es lief immer nach dem gleichen Schema ab. Große braune Augen würden mich mit mütterlicher Fürsorge und ein wenig Mitleid anschauen, peinliches Schweigen würde sich einstellen, welches dann gefolgt werden würde von einem tiefen Seufzen. Dann, nachdem diese beinahe religiös eingehaltene Prozedur beendet war, würde die Frage gestellt werden. Wie geht es ihnen heute?
Langsam versenkte die heruntergebrannt Glut meine Fingernägel. Noch eine Minute. Ich stöhnte leise, nahm noch den allerletzten Zug und drückte sie in dem von Stummeln überfüllten Becherhalter aus. Meine Schrottkarre besaß keinen Aschenbecher und ich keine Energie einen anzuschaffen. Tja.
Ich zog den Autoschlüssel heraus, kletterte aus meinem Sitz nach draußen und schlug die Tür zu. Endlich hatte das Piepsen ein Ende. Nach dem obligatorischen Absperren, was mehr eine Gewohnheit war, als eine Notwendigkeit, da niemand freiwillig meine Kutsche würde mitnehmen wollen, ging es in Richtung des weißen Mehrfamilienhaus.
Der kleine Vorgarten war beinahe komplett in Dunkelheit gehüllt, bis auf das kleine metallene Schild an der Eingangstür, in welcher sich das kühle Licht der Straßenlampe spiegelte. „Praxis Berndt – Kinder- und Jugendpsychologe“ stand mit goldenen Lettern auf dem ansonsten silbernen Schild geschrieben.
Die niedrige Gartentür knarzte beim Öffnen und meine Schritte folgten dem kleinen, von unscheinbaren Pflanzen gesäumten Weg bis hin zu einer großen weißen Tür. Jeder Schritt machte ein schönes knacksendes Geräusch, als die kleinen vertrockneten Blätter unter meinen Füßen zu Staub zermalmt wurden.
Zwei steinerne Treppen führten zur einzigen Klingel und der Tür hinauf. Ich atmete tief durch und drückte.
© MissBathy 2023-08-23