von Vivien Hoyer
Meine Existenz war wie ein hartnäckiger Ausschlag, den man einfach nicht loswurde. In der Schule, zu Hause, schon immer war ich anscheinend so abstoßend gewesen, dass mich außer Mik niemand gewollt hatte, egal, wie ich war und was ich versucht hatte. Und nun hatte ich ihn auch verjagt. Wenn sich dann also jemand erbarmte und doch bei mir blieb, so wusste ich, dass ich um jeden Preis an diesem Menschen festhalten musste.
Dass Levinia mich mitten in der Nacht empfing, sie mir zuhörte, obwohl es bestimmt schrecklich klang, wie ich die Worte beim Weinen verschluckte, und wie sie mich in ihre Matratze drückte, als wir miteinander schliefen, ließ mich denken, dass ich doch nicht ganz alleine war auf der Welt. Selbst wenn die Mädchen und ich zusammengehörten, war es schwer, das zu akzeptieren. Aber wo hätte ich sonst auch hingehen sollen. Meine Wohnung und Miks enttäuschtes Gesicht fühlten sich aufeinmal so weit weg an, und ich musste nichts mehr spüren außer ihren Körper, der mich meinen eigenen vergessen ließ. Ich wollte nicht mehr aufstehen, ich wollte einfach in ihrem Bett bleiben und mich von ihr berieseln lassen. „Dein Freund nervt mich. Wir sollten ihn loswerden.“ sagte sie dann, während sie mich hielt und ich nickte. Eigentlich wollte ich das nicht. Aber sie wusste am besten Bescheid, was ich tun sollte, um weniger zu leiden.
Also schlief ich von da an jede Nacht bei Levinia, und in ihrem riesigen, leerstehende Haus konnten wir uns so lieben, wie es draußen in der Welt nicht ging. Das war unser Geheimnis. Sie sagte mir, dass ich wie ein Schatz war, den sie verstecken musste vor allem Bösen. An diese Worte dachte ich, wenn es mich schmerzte, dass in der Uni und in der Gruppe so viel Distanz zwischen uns war. Aber ich konnte es aushalten, weil ich wusste, dass sie es mir am Abend zurückgeben würde. Es kam mir wirklich so vor, als hätte sie mir den Schmerz davon gezaubert. Miks Anrufe und Nachrichten ignorierte ich, so wie sie es mir geraten hatte. Ich dachte, dass es besser für mich war.
© Vivien Hoyer 2024-08-31