von LM P
Aus der Sicht von ihm
Mit anzusehen, wie sehr sie leidet und zerbricht, ist echt hart. Also dachte ich mir, ich lenke sie etwas ab, aber das ist leichter gesagt, als getan. Ich musste dass, was auf dem Feld passiert ist, erstmal verarbeiten. Als wäre ein Schalter in ihr umgelegt worden. Auf einmal rannte sie so wutentbrannt los und blieb nach ein paar Minuten stehen, worauf sie dann anfing zu schreien. Aus dem Nichts. Irgendwas musste sie an früher erinnert haben. Es sind zwar ein paar Tage seitdem vergangen, aber trotzdem sitzt es in meinem Kopf. Als wäre es gestern gewesen. Seit diesem Tag hat sie sich gewünscht, dass ich im gleichen Bett mit ihr schlafe. Sie wollte nicht alleine sein, sonst kommt alles hoch und kann nicht schlafen. Ich kann es verstehen. Auch wenn ich weiß, sie hasst Nähe, wollte sie, dass ich bleibe. Ich wusste, sie hasst es solch „schönen“ Gefühle zu zeigen. Sie tat immer so, als wäre sie eiskalt, als wäre sie taff und als wäre alles egal, aber ich habe sie durchschaut. Sie versucht, all diese Gefühle zu verdrängen, zu ignorieren und sie zu überspielen. Dieses kleine, zerbrechliche Mädchen braucht aber genau das. Deswegen werden wir heute essen gehen, jedoch weiß sie das noch nicht. Doch wenn ich ihr eine Chance geben würde, mitzuentscheiden, würde sie alles dafür tun, um nicht aus dem Bett zu kommen. Und deswegen wecke ich sie aus ihrem täglichen Schönheitsschlaf auf.
,,Dornröschen, aufwachen.“ Ich streichle ihre Wange. Sie setzt sich auf und guckt mich grimmig an. So eine Art Hass-Liebe. Irgendwie schon süß.
,,Zieh dich an, wir gehen essen.“ Bevor sie ins Bad zischt, gibt sie mir noch einen Todesblick.
,,Ich brauche unbedingt frische Unterwäsche“ sagt sie, hüpft zu meinem Kleiderschrank und zieht eine Boxershorts von mir raus. Ich würde sagen, sie kennt sich aus. Nach ein paar Minuten kommt sie in meiner Jogginghose raus, hat aber ihr Oberteil an.
,,Ob du willst oder nicht, so werd ich gehen. Wenn ich schon keine Wahl habe.“ Sie schiebt den Mittelfinger vor meine Nase und küsst ihn.
,,Gut, dann gehen wir im Partnerlook.“ Sage ich trocken und stehe auf, sodass sie mein Outfit sieht. Sie rollt die Augen. Ich weiß genau, dass sie ihr das nicht gefällt. Ich grinse einfach nur. Wir ziehen uns an und stampfen los. Sobald wir das Restaurant betreten, wird sie nervöser. Aber nach ein paar Drinks, legt sie dass Stück für Stück ab. Sie futtert wie ein Raubtier, was total ausgehungert ist. Irgendwie ist sie knuffig, wenn sie hungrig ist.
,,Das Essen schmeckt soo guuut.“ Sagt sie mit vollem Mund. ,,Bist du öfter hier? Hast du deine anderen unzähligen Weiber hier auch hergeschleppt?“ Sie schluckt ihr Essen runter. ,,Ach warte, du willst mich abfüllen, damit du mit mir in die Kiste kannst. So hast dus auch mit den anderen gemacht, stimmt?“ Sie lacht. Sie kann definitiv kein Alkohol ab.
,,Okay, Stella, jetzt recht es mit Alkohol bei dir.“ Ich versuchte, ihr das Glas wegzunehmen, doch sie kommt mir zuvor. Sie lacht verächtlich und trinkt es provokant aus.
© LM P 2024-02-27