von Anne Pollenleben
Dann sehe ich dich, unvoreingenommen und zufällig, erstarre vor Glück, zügle mich. Ich sehe die Kanten, die du versuchst zu schleifen, die Muskeln, wie sie vor Anstrengung erschöpft sind. Wie gern ich dich einladen und dir einen Einblick in meine kleine Welt geben würde. Dabei ist das, was ich zeigen könnte, längst nicht so spannend wie dein lächelndes Gesicht, welches versucht, die Maske zu bewahren und wo dahinter jeden Tag die Welt von neuem zerbricht. Immer und immer wieder kehrst du behutsam die Scherben auf eine kleine Schaufel deiner Kindheit. Sie ist bunt und schwer, so schwer, weil sie all die verwundete Last niemals wieder heilt, nur mit sich trägt. Selbst wenn ich dir eine zweite Schaufel schenken würde, dann bliebe diese leer, weil dein Herz an die Bunte gebunden ist und das Loslassen dir schwer fällt. Ich würde hinter deiner Maske gern in ein wahres Du schauen, dir sagen, dass die Maskeraden dir nur schöne Wege verbauen. Als kleiner Mensch vor dir stehend, immer noch voll Glück erstarrt, schaue ich nicht gern zu, manchmal von nah oder von fern, wie man an deinem Wert spart. Da steckt Freiheit und Neugier, Lust und Magie. Schaust du auf meinen Ring am Finger, den du kennst und den du schätzt, entdeckst du jedoch einen Neuen, an den nur ich mich erinner‘. Denn das war mal ein Traum, der peu á peu verloren ging, noch nicht vollkommen entschwunden, aber sicher in den Abgrund sieht. Das habe ich verschwiegen, weil ich nur die Maske kannte. Jene Maske, die du trägst, und mich vor falschen Schritten bewahrte. Ich hoffe, eines Tages bist du auch voller Glück ohne dich zügeln zu müssen, schwebst über Berge, durch die Täler und könntest vor Gefühlswallung jedes Stückchen Erde küssen. Auch wenn du deine Maske zum Lieben schön bemalt hast, scheitert dein Täuschungsversuch und im Nu bist du nicht mehr angepasst. Angepasst an ein Leben deines Traumideals, welches es nicht wirklich gibt. Angepasst an eine Vorstellung, die dir Zweifel ins Leben schiebt. Ungewöhnliche Wochen passieren, aber sind nicht der Alltag, der dich jede Stunde von Neuem plagen soll. Doch wie soll ich dir mein Glück auch zeigen, meine Worte prallen an deiner Maske ab. Den Kauderwelsch in meinem Mund hast du mit deinen Gedanken verursacht. Zu denken, was man hören will, was man hört und was Gedanken dich hören lassen- den Unterschied erkläre ich nicht, ich kann uns ohne deine Hilfe der Erklärung hassen. Wahrscheinlich, so wie ich voller Glück vor dir stehe, wirst du dich immer fremd und unerreichbar fühlen, legst mir den Grund dafür ins Herz und siehst, wie ich trotzdessen weiter strahle, vielleicht färbt es doch irgendwann auf dich und dein Gesicht ohne Maske ab. Kein Weg wäre dir zu weit gewesen, kein Berg zu steil, kein Fluss zu breit. Du wärst immer bei mir gewesen, hätte ich deine Kanten eher erkannt, wärst du nicht vor dir selbst weggerannt. So bleibe ich die Kleine, die mit den Funkeln und Strahlen, die nicht ernst zu nehmen ist, weil du den Ernst zu sehr kennst und mich zu wenig.
© Anne Pollenleben 2022-06-04