11.Annäherungsversuche

Lena Kornherr

von Lena Kornherr

Story

Nachdem ich feststellen musste, dass Lorena fast durchgängig sprach und nur dann wirklich ruhig war, wenn man sie darauf hinwies, kam ich mit ein paar meiner neuen Klassenkollegen ins Gespräch. Sie waren alle sehr nett und respektvoll. Neomy, die eine Reihe hinter mir saß, flirtete fast durchgehend mit mir. Lorena erklärte, dass sie das eben gerne mal macht, sich aber normalerweise nicht nur auf eine Person festlegte wie sie das gerade bei mir machte. Auch Ben sagte, sie meinte es diesmal ausnahmsweise absolut Ernst. Und er musste es ja wissen, schließlich wohnte er schon sein ganzes Leben lang direkt neben Neomy und ist auch schon fast so lange mit ihr befreundet. Gegen Ende der zweiten Woche lag ein Zettel auf meinem Tisch. „Willst du morgen mit mir ein Eis essen gehen? LG Neomy“, stand darauf. Meine quirlige Sitznachbarin bestand darauf, dass ich auf dieses „Date“, wie sie es nannte, ging. Meiner Meinung nach war es nur ein Treffen unter Klassenkollegen. Natürlich war es das nicht, denn es wurde, wie hatte ich es auch anders erwartet, heftig geflirtet. Nur ging ich diesmal sogar ein paar Mal darauf ein. Als wir uns nach zwei Stunden verabschiedeten, freute ich mich schon auf unser nächstes geplantes Treffen. Diesmal ging es ein paar Tage später in den Stadtpark. Auf einer Picknickdecke sitzend gingen wir zusammen einige Songs durch. Wir mussten nämlich für den Gesangsunterricht ein Duett vorbereiten, konnten uns aber für keines entscheiden. Also fragten wir kurzerhand die umstehenden Menschen. Der Mehrheit gefiel „Endless Love“ von Lionel Richte und Diana Ross am besten. Schlussendlich entschieden wir uns auch dafür. Da es ein sehr romantischer Song war, was Neomy natürlich besonders toll fand, mussten wir etwas schauspielern, um es glaubwürdiger wirken zu lassen. Am Ende klatschten einige Leute. Zufällig entdeckte ich Frau Köll, die ganz begeistert war und uns viel Glück für unserer Beziehung wünschte. Da hatten wir wohl etwas zu gut geschauspielert. Das sagten wir ihr auch, darauf meinte sie nur dann müssten wir aber unbedingt ein Paar werden. Jedenfalls gingen wir in unsren Pausen jetzt immer zusammen in die Kantine und lernten nach dem Unterricht gemeinsam in der Schulbibliothek. Lorena hat sich deswegen schon beschwert, aber mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. Sie darf sich ja auch immer alles anhören, wie unsere Treffen waren, was wir schrieben, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch sich dort wohl dauerhaft eingenistet hatten… Als ich an einem verregneten Montagmorgen lieber wieder im Bett als in der Schule gewesen wäre, kam mir eine Idee. Ich ging jetzt schon seit eineinhalb Monaten auf diese Schule und hatte zwar schon etwas mit Neomy unternommen aber noch niemanden zu Hause zu Besuch gehabt. Das wollte ich ändern. Also fragte ich Lorena ob es zu überstürzt wäre, wenn Neomy bei mir übernachten würde. Sie meinte dazu nur, wenn ich jemanden brauche der mir beim Einkaufen für „die Übernachtungsparty mit meinem Girl“ hilft, soll ich mich bei ihr melden. So kam es dazu, dass ich Neomy beim Mittagessen fragte, ob sie am Wochenende bei mir übernachten möchte und drei Tage später zusammen mit einem blondgelockten, aufgeregt durch die Gänge rollenden Wirbelwind zwischen allen möglichen Snacks stand und total überfordert war. „Findest du, ich sollte eher Chips oder Kekse kaufen?“, fragte ich in die Richtung, in der ich meine übermütige beste Freundin vermutete. „Nimm doch einfach beides“, ertönte ihre Stimme plötzlich direkt hinter mir.

© Lena Kornherr 2024-09-20

Genres
Romane & Erzählungen