12. Kapitel

Mareike Tausch

von Mareike Tausch

Story

„Piiieeepppp…“ Mehrere Ärzte und Pfleger eilen in das Zimmer und kümmern sich sofort um den Patienten. Luca, der bis eben noch friedlich auf dem Boden gespielt hatte, springt erschrocken auf und rennt zu seinem Paten. Die weit aufgerissenen, starren Augen des Kindes verraten Matteo, dass der Kleine weiß, wie schlecht es um seinen Vater steht. Matteo geht vor dem Kleinen in die Hocke und steht mit ihm auf dem Arm wieder auf.

„Verlassen Sie mit dem Kind das Zimmer und warten Sie draußen!“ Wie durch eine dichte Nebelwand dringt die Stimme eines Arztes zu Matteo hindurch. Alles um ihn herum läuft wie in Zeitlupe ab. Während er mit Luca auf seinem Arm zur Tür geht, sieht er, wie die Pfleger Fabios Oberkörper frei machen und die Ärzte schließlich Elektroden auf der Brust seines besten Freundes aufkleben. Matteo öffnet die Tür. „Alle weg vom Patienten!“, hallt es durch das Zimmer. Er geht mit Luca auf den Gang, sieht noch, wie ein Stromschlag durch den leblos wirkenden Körper seines besten Freundes schießt, und schließt die Tür hinter sich.

Das Kind auf seinem Arm krallt seine kleinen Finger zitternd und weinend in sein T-Shirt. Der kleine Körper bebt und wird von Schluchzern geschüttelt. Matteo setzt sich auf einen Stuhl und streicht Luca beruhigend über den Rücken. „Alles gut“, wiederholt er immer wieder leise, bis der kleine Körper schließlich langsam ruhiger wird. Ein leichtes Lächeln huscht über Matteos Lippen, als er feststellt, dass Luca in seinen Armen eingeschlafen war.

Matteo lehnt seinen Kopf an die Wand und schließt für einen Moment die Augen. Ein Gefühl von Hilflosigkeit und Machtlosigkeit breitet sich in ihm aus. Er kann nur hier sitzen und warten, während Ärzte und Pfleger um das Leben seines besten Freundes kämpfen.

Das Ticken der Uhr an der Wand scheint mit jeder Minute, die er wartet, lauter zu werden. Das Ticken scheint durch den ganzen Gang zu hallen. Tick… Tack… Tick… Tack… Matteo kneift die Augen zusammen und versucht nicht auf das Ticken zu achten. Sein Körper fühlt sich inzwischen unnatürlich heiß an. Die Angst um Fabio scheint bis in seine Knochen zu kriechen und seinen gesamten Körper auszufüllen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnet sich endlich die Tür. Matteo steht sofort mit Luca auf dem Arm auf. „Wie geht es ihm?“

„Setzen Sie sich bitte.“ Matteo lässt sich mit dem Kind auf seinem Arm wieder auf den Stuhl sinken und beobachtet den Arzt, der neben ihm Platz nimmt. „Es tut mir leid. Wir haben alles, in unserer Macht stehende, getan.“

© Mareike Tausch 2021-08-12

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