12. Stille

Karina Pohlmann

von Karina Pohlmann

Story

Kaum, dass Damon von ihr zurücktrat, vermisste Sara seinen schützenden Körper in ihrem Rücken und wankte für einen Moment auf der Stelle. Fiona packte ihre Schultern. „Kannst du stehen?“ Sara schaffte es, kurz zu lächeln und nickte.

„Ich bleibe vor der Tür“, sagte Damon, direkt hinter ihr. Er hatte abgewartet, ob sie seine Stütze tatsächlich nicht mehr brauchte. Nun verließ er das Zimmer.

„Gut“, sagte Fiona mit einem sonderbaren Blick in Richtung ihres Bruders. „Und du stellst dich am besten kurz unter heißes Wasser, damit du dich nicht erkältest“, wandte sie sich an Sara und leitete sie zu einem Badezimmer hinüber. „Schaffst du das?“

„Ich denke… ja…“, murmelte Sara erschöpft und ließ sich von Fiona aus den noch immer klammen Klamotten helfen, bevor die zurück ins Schlafzimmer entschwand. Die Stille hämmerte auf Sara ein. Sie dröhnte ihr in den Ohren und machte ihr Kopfschmerzen. Das Atmen fiel ihr noch immer schwer, als drücke ein kiloschwerer Stein auf ihre Brust. Das warme Wasser wusch zumindest die Angst fort, die Anspannung, den Schreck. Irgendwann kam Fiona zurück, legte ihr Anziehsachen, Föhn, Kamm und Handtuch bereit und ging wieder hinaus. Sara konnte sich kaum aufrecht halten, als sie sich abtrocknete und in den kuschlig weichen Schlafanzug stieg. Beinah wünschte sie sich Damon zurück an ihre Seite, damit er sie hielt. Mit gekämmten und trocken geföhnten Haaren trat sie in das Schlafzimmer.

„Sara?“, erklang Fionas Stimme aus dem Esszimmer, bevor sie selbst das Zimmer betrat. „Wie fühlst du dich?“

„Müde“, antwortete Sara mit brüchiger Stimme.

„Kann ich reinkommen?“, sprach nun Damon von draußen und klang gereizt. Fiona warf Sara einen fragenden Blick zu, Damon aber wartete eine Antwort gar nicht ab, sondern öffnete die Tür und stellte sich ans Fußende des Bettes. Er hatte in der Zwischenzeit offenbar ihre Sachen aus dem Auto geholt, denn er trug ein frisches Shirt und seine Jogginghose.

„Jetzt lass sie schlafen, Damon“, fauchte Fiona und führte offenbar eine bereits begonnene Diskussion fort. „Du kannst in Olivers Zimmer schlafen. Oder auf der Couch.“

„Nein“, ließ Damon sie kaum aussprechen. „Ich kann nicht riskieren, nicht schnell genug bei ihr zu sein.“ Fiona sah entnervt zu Sara hinüber. Die sträubte sich zwar innerlich, zuckte jedoch mit den Schultern und kroch unter die Decke. Mit Damon zu streiten, dafür fehlte ihr die Energie.

„Danke dir… Fiona“, konnte sie gerade noch murmeln, bevor sie den Kopf aufs Kissen fallen ließ. Nur vage nahm sie Fionas und Damons streitende Stimmen wahr, bis schließlich das Licht gelöscht und die Tür geschlossen wurde. Dann bebte die Matratze, als Damon ins Bett stieg. Sara hatte erwartet, dass sie beide nebeneinander liegen würden, doch stattdessen schlang Damon die Arme um sie. Mit seinem Herzschlag gegen ihren Rücken und seinem ruhigen Atem in ihrem Haar tauchte Sara in den Schlaf.

© Karina Pohlmann 2023-08-25

Genres
Romane & Erzählungen, Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional