von Lene2712
Hanna stand zwischen den beiden Männern, ihr Herz schlug wild. Sie wusste, dass beide aus Schmerz sprachen, aber der Konflikt war real und schmerzhaft. Sie trat zu Max. „Es tut mir leid, Max“, flüsterte sie, ihre Hand auf seinen Arm legend. „Mein Vater… er ist so. Er hat so viel durchgemacht.“
Max sah sie an, seine blauen Augen waren tiefer, nachdenklicher geworden. „Ich weiß. Ich habe es geahnt. Aber es ist schwer, Hanna. Ich versuche, etwas Richtiges zu tun, und werde dafür angefeindet.“ Er atmete tief ein. „Aber das ändert nichts an dem, was ich für dich empfinde. Lass uns gehen.“
Sie verließen den Laden, die Stille zwischen ihnen war nun gefüllt mit dem Nachhall des Konflikts. Dieser Abend fühlte sich schwerer an als die vorherigen. Max erzählte Hanna später von ähnlichen Erfahrungen in der Kaserne – Kameraden, deren Familien noch immer unter dem Stigma des NS-Regimes litten, Offiziere, die versuchten, ihre eigene Vergangenheit zu rechtfertigen, und junge Rekruten, die keine Ahnung hatten, welche Last die Uniformen trugen. Der Wiederaufbau war nicht nur eine Sache von Ziegeln und Mörtel; er war auch ein mühsamer Prozess der Versöhnung und der Neudefinition, und diese Schatten der Vergangenheit, die schwelenden gesellschaftlichen und moralischen Konflikte, waren omnipräsent.
Trotz allem wuchs ihre Zuneigung. Max war Hannas Anker in der Unsicherheit, ihre Zuversicht in einer Welt voller Vorbehalte. Und Hanna war für Max der helle Stern am Kieler Nachthimmel, der Grund, warum er sich jeden Tag auf eine friedliche Zukunft freute, die er sich so sehr wünschte. Sie sprachen von kleinen Träumen: von einem gemeinsamen Zuhause, von einem Garten mit Elises Lavendel, von einem Leben, in dem die Uniform nicht mehr die Identität bestimmte.
Fortsetzung in: Ein Abschied, der keiner sein durfte I
© Lene2712 2025-07-14