Ich bin das Chaos in Person.
Ich starte unvorbereitet in Sachen rein. In dieses Buch genauso wie in den TV-Dreh in Dubai, oder das Praktikum, das mich dorthin brachte. Der Grund, warum ich keine Pläne mehr mache, ist simpel: Ich halte mich nicht an sie.
So kurz vor Deadline ein Buch zu verfassen, konfrontiert mich mit Angst, Stress und Schlafentzug. Was sich wie Selbstzerstörung anfühlt, ist in Wirklichkeit Selbstschutz. Es wäre verrückt und absolut unnötig, mich diesen Zuständen für längere Zeit auszusetzen. Ich zerlege meine Projekte stets in Einzelteile, welche ich meinen Zweifeln dann auf einem Silbertablett serviere, damit diese daran nagen können. Ist mein Engagement mit einem Projekt zeitlich befristet, sind Angst und Zweifel kürzer präsent. Vielleicht intensiver, aber weniger lange.
Würde ich es über Wochen oder gar Monate aufteilen, wäre mein Kopf eine wandelnde Zeitbombe. Jederzeit bereit zur Explosion, da er nur mit dem aktuellen Projekt beschäftigt wäre. Er hätte keinen Platz mehr für andere Dinge. Außerdem wäre ich dann nur halbherzig dabei, und es war mir immer wichtig, alles zu geben. Alles, in kürzester Zeit.
Pläne bilden ein mentales Gefängnis für mich. Ich fühle mich hinter ihren Gittern eingesperrt. So entschied ich, mich selbst zu befreien. Alles offen zu lassen. Denn dann kann alles passieren. Ohne Erwartungen kann ich nicht enttäuscht werden. Ohne Pläne kann ich keine verfehlen.
Ich weiß, dass sich meine Lebensweise und meine Einstellung stark von denen anderer unterscheiden. Ich höre oft, ich sei tollpatschig. Das kommt daher, dass ich die meisten meiner Schritte gedankenverloren unternehme. Mit dem Kopf in den Wolken, da, wo meine Tagträume blühen. Da, wo ich anderen Charakteren begegne, und Möglichkeiten ausschöpfe. Ich arbeite unstrukturiert. Starte, bevor es eine Übersicht gibt. Ich schreibe, ohne zu wissen, wie ich enden werde.
Das Chaos in mir spiegelte sich lange Zeit um mich herum wider. Ich gab mir Mühe, aufzuräumen. Nun ist alles sorgfältig in Ordner gewandert und diese sind in Schränken verschwunden. Gesammeltes ziert nicht mehr meine Wohnung, sondern bekam in Schubläden ein Zuhause. Das lässt mich aber nicht weniger lange danach suchen. Ich sagte es immer, da war Ordnung in meinem Chaos. Auch wenn nur ich diese kannte.
Der Moment eröffnet die besten Möglichkeiten. Die besten Geschichten schrieb ich unstrukturiert, die besten Geschichten schrieb das Leben bisher ohne Plan. Und ich schreibe immer noch am besten in der Nacht.
Eigentlich wollte ich jeden Tag ein Kapitel verfassen. Nun sind es noch vier Tage bis zum Einsendeschluss, und ich habe in etwa die Hälfte geschrieben. Dann erwartet mich noch die gesamte Überarbeitung. Ich muss die Geschichten ordnen und Struktur in meine Texte bringen. Es hätte geordnet ablaufen können. Es hörte sich so gut an, so entspannt. Und zugleich utopisch. Ich hätte es besser wissen sollen. Ich würde mich nicht an den Plan halten.
© Viktoria Mairhofer 2022-08-31