Etwas, das dich in praktischer Hinsicht weiterbringt. Ich kann nicht loslassen. Es muss sich schon auszahlen, was ich tue. Ich hinterfrage mich nicht. Ich lebe auf einer Plastikplane und kümmere mich schlecht um meinen Boden. Scheiße, es ist wie meine Mutter immer sagte.
Das Mädchen hatte im Raum, der sich nach weiter hinten in Dunkelheit verlor, begonnen zu tanzen und zu rauchen. Drei gleich helle Augen sahen in meine Richtung, wenn sie an der Zigarette zog. Das Tanzen wurde von Stunde zu Stunde schneller und exzessiver und ich konnte ihren Duft zu atmen beginnen.
“Hast du etwas eingeworfen?!” schrie ich sie an.
“Nein!”
Aus irgendeinem Grund glaubte ich es sogar. Sie lachte wieder und machte weiter. Wir lachten beide. Weiter und weiter, ja, lass es nie aufhören.
Ich bringe dir Kaffee, wenn du ihn brauchst. Zigaretten, wenn sie dir ausgehen. Ja, lass uns das machen lachte sie mich an. Ich kann aber auch kurz in die Küche gehen und das machen, sagte sie. Ja, später, lachte ich. Ja haha, lachte sie. Ich muss jetzt weitermachen, see you later.
Ich setzte mich wieder und schaute zu. Na, machte mir ein paar Gedanken, wischte sie wieder weg. Wozu Gedanken, dachte ich. Ich brauche keine Gedanken, ich habe alles, was ich brauche vor mir. Den unendlichen Rausch, den ich mit jemand teile. Eine Welle lassen wir nicht brechen schrie sie mich an. Egal wie schlecht es uns geht. Sie verschwand auf fünfzehn Minuten und war wieder da. Vielleicht war sie einfach am Klo gewesen.
Sie war jetzt noch blasser als zuvor und hatte Kaffee mitgebracht, den wir zusammen tranken. Mir war unheimlich schlecht von den Getränkekombinationen, die wir am Laufen hatten. Sie sah auch so aus, als ginge es ihr nicht besonders gut, aber was sollte schon passieren, sagte sie. Jetzt, da ich sie so nah bei mir hatte.
Wenn du kotzen musst, geh aufs Klo, dachte ich. Ich glaube, das hat sie vorhin auch erledigt. Kaum sah ich wieder in ihre Richtung, war sie dabei sich ihre Gliedmaßen auszurenken und verrückt am Boden zu krabbeln. Ich war mir kurz nicht sicher, ob ich auf einem Trip war oder alles wirklich so passierte. Aber einen Augenblick später stand sie wieder und tanzte im Stehen weiter. Na, es passt ja alles wieder, na also. Langsam geht es los. Es gibt Highs und Lows aber wir lassen es laufen.
Wir denken nicht ans Aufhören, nur weil es uns kurz mal schlecht geht, sagte sie. Ich konnte nicht fassen, was zum Teufel sich hier abspielte. Sie tanzte in einem Tempo und einer Intensität, die absurd war. Es war total wahnsinnig was sie als “Die Querschnittslähmung” bezeichnete und mir sofort zeigte.
Wir schlossen noch zwei Boxen an, die sie hinten in einer Kammer hatte, um den Sound fetter zu machen. Es war als würde man weggeblasen, wenn man zu nah an den Bereich kam, in dem sie sich bewegte. Noch auf der zehn Meter entfernten Couch, auf der ich saß, bekam ich eine schneidige Sturmfrisur ab. Sie hüpfte hin und wieder zu mir herüber um Kaffee zu trinken und mit mir zu rauchen. Wir tranken zusammen eine Kanne.
© Philipp Fischerlehner 2021-04-23