15 – frei und ungestüm

G.F. Stöger

von G.F. Stöger

Story

Ich danke meinen Eltern für ihr Vertrauen in mich und ihre Erziehung. Ich war rotzfreche 15 und durfte alleine für 10 Tage nach Großbritannien fliegen.

Die erste Station war ein 5tägiger Besuch bei meiner Brieffreundin in Swansea. Ich weiß heute nicht einmal mehr ihren Namen. Die Erinnerungen an die Zeit bei und mit ihr haben sich allerdings fest in mein Langzeitgedächtnis eingebrannt.

Schließe ich die Augen, sehe ich klischeebehaftete kitschige Klippen, welche steil zur Küste abfallen, vor mir. Oberhalb saftig grüne weitläufige Ebenen und Wiesen mit friedlich weidenden Schafen als weiße Blickfänge. Sanft fügen sich Steinmauern und zerfallene Kapellen in diese wunderbare Aussicht. Unter uns hütet der Half-Moon-Beach seinen weißen Sandstrand. Der berühmte Nieselregen begleitet uns entlang der Pfade oberhalb der Klippen. Ich war 15, da hat man mit Landschaften normalerweise nix am Hut. Die raue und ungestüme See, harsch an die Felsen brandend, entsprach jedoch genau meinem stürmischen Naturell.

Mädels gehen selbstverständlich shoppen. So schlenderten wir zwei Teenager durch Swansea, quatschend und lachend, unsere Bags mit den Errungenschaften des Tages stolz präsentierend.

Am letzten Abend besuchten wir einen Club. Dieser war direkt am Hafen. Den Geruch von Meer sog ich bei jeder Tanzpause gierig draußen ein. Eine nette Bekanntschaft rundete die Nacht ab. Er sah aus wie Brad Pitt in Legenden der Leidenschaft. Wir shakerten und shakten. Als neben uns eine (richtig britische) Schlägerei entbrandete, stellte er sich schützend vor mich. Ich fand es wirklich süß, zumal ich mich ja dank meines Braungurtes in Karate wirklich zu verteidigen wusste. Doch Männer wollen als Held und Retter brillieren. Zum Abschied gab es lediglich eine Umarmung. Also echt harmlos.

Nach fünf wunderbaren Tagen in Swansea hieß es Abschied nehmen. Leider verlief sich die Brieffreundschaft die nächsten Jahre. Für mich ging es mit den typischen Bussen ab in die Hauptstadt. Ich ergatterte ein sehr teures, abgefucktes Youth Hostel in Nähe der Victoria Station. Zu sechst in drei Stockbetten auf gefühlten 5 m2 mit einer Dusche welche lediglich Wasser durch Löcher in der Decke entweichen ließ.

Die Ausgangslage war perfekt für meine Erkundungs- und Shoppingtouren. Nie hatte ich Angst oder begab mich in Situationen, welche haarig werden hätten können. Meine Eltern hatten wahrlich gute Arbeit geleistet!

Madame Tussauds, Buckingheim Palace, Trafalger Square, Big Ben. Das gesamte touristische Programm spulte ich ab. Alleine, aber glücklich.

Mit vielen Eindrücken und einem gerade noch zu schließenden Koffer ging es zurück in die Heimat. Die Reise hatte ich übrigens mit meinem ersten selbstverdienten Geld bezahlt. Dieser Umstand machte das Ganze noch wertvoller – in allerlei Hinsicht!

Es sollte definitiv nicht der letzte Besuch dieser tollen Stadt werden …

© G.F. Stöger 2021-02-10

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