von Mareike Tausch
Es war einer sonniger Tag im August und Noah und Lara wollten heute zur Tongrube radeln, um dort gemeinsam Zeit zu verbringen. Der Zwölfjährige fand einfach alles an ihr toll. Ihre langen, dunkelbraunen Haare, die in leichten Locken über ihre Schultern fielen, ihre kirschroten Lippen und die rehbraunen Augen. Ja, sie war wirklich perfekt. Und dieses perfekte Mädchen radelte nun neben ihm in Richtung Tongrube. Dabei merkten sie nicht, dass Nick ihnen folgte, wie ein kleiner Schatten.Â
Sie kamen wenig später an der Tongrube an und ließen ihre Fahrräder in die Wiese fallen. Sie liefen den Weg zu dem Wasser hinab, als sie hinter sich eine Stimme wahrnahmen. „Wartet auf mich!“ Genervt drehte sich Noah zu seinem kleinen Bruder um, der von seinem Fahrrad sprang und ihnen nach lief. „Nick, was machst du hier? Geh wieder nach Hause.“ Nick blieb vor ihnen stehen und blickte traurig vor sich auf den Boden. „Aber zu Hause ist es so langweilig.“ „Ach, lass ihn doch“, lächelte Lara. „Mich stört er nicht.“ Noah seufzte leise, grinste dann aber wieder. „Wollen wir schwimmen gehen?“ Lara blickte den Jungen vor sich unschlüssig an. „Ich habe gar keine Badesachen dabei.“ Noah lächelte. „Ich auch nicht. Aber heute ist es sehr warm. Da werden unsere Klamotten sicher schnell trocknen.“ Und so liefen die beiden los und ließen sich kurz darauf lachend ins Wasser fallen.
„Wetten, dass ich die Luft länger anhalten kann, als du?“, fragte Noah an Lara gewandt. „Die Wette verlierst du“, grinste das Mädchen und tauchte unter. Nach circa zehn Sekunden tauchte sie wieder auf. „Das war nicht gerade lang“, stellte Noah fest. Lara seufzte. „Ich weiß. Ich war in sowas noch nie wirklich gut.“ „Wieso wolltest du dann wetten?“, fragte Noah und zog eine Augenbraue hoch. „Ich habe gehofft, dass du noch schlechter bist“, grinste Lara. „Versuch es noch mal“, lächelte Noah. „Diesmal helfe ich dir, länger die Luft anzuhalten.“ Also tauchte Lara erneut unter Wasser. Als sie wieder nach oben kommen wollte, drückte Noah ihren Kopf weiter unter Wasser. „Du kannst das länger. Vertrau mir.“ Obwohl Lara sich dagegen wehrte, hielt der Junge sie weiter unter Wasser. Als Noah schließlich seine Hand von Laras Kopf nahm, trieb ihr Körper leblos an die Wasseroberfläche. „Lara!“, rief Noah erschrocken und zog das Mädchen aus dem Wasser. Nick, der bis eben friedlich auf der Wiese gespielt hatte, lief erschrocken zu den beiden. „Was ist mir ihr?“ „Ich weiß nicht“, stammelte Noah und hielt eine Hand vor Laras Mund. „Sie atmet nicht mehr!“ Noah packte Lara an den Schultern und schüttelte sie. „Wach auf! Komm schon, Lara! Wach auf!“ Doch das Mädchen in seinen Armen rührte sich nicht. Panik machte sich in Noah breit und er rüttelte noch heftiger an ihr. Ohne Erfolg.Â
„Ich hole Papa!“ Nick lief zu seinem Fahrrad und fuhr los. Er trat kräftig in die Pedale, übersah dabei eine Wurzel und landete hart auf dem Boden. Mit Tränen in den Augen betrachtete er sein aufgeschlagenes Knie. Zitternd erhob er sich und lief zu Fuß weiter. Endlich erreichte er sein Elternhaus und aus der Tür trat just in diesem Moment sein Vater heraus. Doch plötzlich veränderte sich dessen Gesichtsausdruck und die darin enthaltene Sorge wich einer unnatürlichen Kühle.Â
© Mareike Tausch 2024-03-08