2

Melanie Schlämann

von Melanie Schlämann

Story
2007 – 2025

Doch als die Tür des angemieteten Saals aufschwang, kippte die Stimmung dann trotz Aldi Sekt.
Die junge Dame, die es wagte die feine Gesellschaft zu stören, konnte man mit sehr viel Contenance noch als unpassend gekleidet beschreiben.
Die rabenschwarzen Haare, die streng nach hinten gegelt waren, überstrahlten das Schwarz des großzügig aufgetragenen Kajals sogar noch bei weitem.
Die Kleidung war ebenfalls schwarz, aber für eine Tauf-Afterparty unangenehm sexy.
Der Schlitz im Kleid, das aggressiv gezeigte Dekolleté, das noch in ein paar Bändern Halt fand, wenn auch eher alibimäßig als wirkungsvoll, und der freie Rücken, ließen den Pfarrer in Ohnmacht fallen. (Zur Verteidigung des armen Mannes: Die junge Dame hatte erschreckende Ähnlichkeiten mit einem Dämon aus seinen Sexträumen)
„Also machen wir es kurz“, sagte der Neuzugang mit einem bösen Blick auf den am Boden liegenden Pfarrer, der kurz drohte, ihr die Aufmerksamkeit zu entziehen.
„Ich bin Margo. Hohe Priesterin der Hexengemeinde und Vorsitzende des Tierschutzverbandes Groß- Ellershausen Süd.“
Letzteres wirkte zwar glaubhafter, hatte aber auch weniger Effekt.
Die Taufgesellschaft schwieg perplex.
„Aber Margo! Hexen sind doch Unsinn, die gibt’s doch gar nicht“, äffte sie die Stimmen der Zweifler nach, bevor diese sich aus ihrer Schockstarre erholen konnten und es selber aussprachen. Geschweige denn, dass mal jemand sich traute, dem Pfarrer zu helfen, dem mittlerweile Blut aus dem Kopf lief. (Ach, scheiß doch auf die Altersfreigabe!)„Bla, bla, bla. Ich habe keinen Bock, euch zu überzeugen.
Ich bin nur hier, um euch mitzuteilen: Wagners, ihr habt den Zorn der Vorsitzenden des Tierschutzverbandes Groß- Ellershausen Süd geweckt.
Eure Strafe wird sein, dass ihr nur mit einem der beiden Kinder weiterleben dürft. Ein Leben für ein Leben! Ihr habt Zeit bis zum nächsten Vollmond, euch zu entscheiden, welches der beiden leben darf.
Alternativ könnt ihr auch die 50.000 Euro an ein gemeinnütziges Projekt spenden.“

Die Hexe warf ein Zauberpulver.

******


Aber als der Rauch verflogen war, stand sie immer noch da.
Leicht errötend rief sie „Prioritäten!“
Dann lief sie auf eine Katze zu, die die offene Tür genutzt hatte, um auch mal reinzuschauen, und sich während der Aufregung in aller Seelenruhe am Buffet zu schaffen zu machen.
Die Katze bekam einen kurzen Krauler, dann ging die junge Frau aus dem Festsaal.
Als die Tür ohne weiteres Zutun hinter ihr zufiel, wandten alle Gäste den Blick zur Katze. Diese fauchte und suchte das Weite.


 


© Melanie Schlämann 2025-09-01

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Dunkel