von Thomas Paar
…dauert ein Tag. Daran kann man nichts ändern. Das ist in Stein gehauen, wie bereits damals die Zehn Gebote. Wie einem diese Zeitspanne erscheint oder vorkommt, ist wiederum eine ganz andere Sache. Ich werde jetzt nicht ausrechnen, wie viele Tage ich bereits erlebt habe. Was ich aber durchaus sagen kann, womit ich bestimmt nicht der einzige bin, ist der Fakt, dass sich ein Tag nicht immer gleich anfühlt.
Oft reichen 24 Stunden nicht mal ansatzweise aus, um alles was man gerne machen würde, zu erledigen. Andererseits gibt es auch jene Tage, an denen sich die 24 Stunden unendlich lange ziehen, wie ein Kaugummi, den man nicht von der Schuhsohle runter bekommt. Besonders faszinierend sich für mich immer jene Tage, an denen zu viel passiert. Wo die eigene Vorstellungskraft Probleme damit hat zu akzeptieren, dass das eben geschehene in 24 Stunden oder weniger passiert ist. Wo die Verarbeitung der Erlebnisse wahrscheinlich länger dauern würde, als die Ereignisse selbst.
Über zwei meiner Paradebeispiele möchte ich kurz erzählen. Da ist einmal der jeweilige Beginn oder das Ende des Urlaubes. Wo wir entweder in Österreich aufwachen und in Kroatien schlafen gehen, beim Heimfahren halt umgekehrt. Obwohl ich da oft das Gefühl habe, dass es sich um Ewigkeiten handeln muss, vergehen dabei nicht mehr als 16 Stunden.
Doch noch mehr hinters Licht zu führen bin ich bei Konzerte, wo wir in Wien übernachten. Womöglich verschwimmt die Wahrnehmung an solchen Tagen, da innerhalb kürzester Zeit viel passiert. 400km mit dem Auto, ein Konzert, auswärts im Hotel übernachten. Das alles innerhalb von gerade mal 20 Stunden. Das verwundert mich jedes Mal aufs Neue.
Ich finde es einfach besonders interessant, wie schnell ich mich dahingehend täuschen lasse. Nur weil das Datum im Kalender um einen Tag nach vorne hüpft, heißt das nicht automatisch auch das 24 Stunden vergangen sind. Natürlich weiß ich, dass es so ist, aber in meinem Kopf läuft die Verarbeitung dann anscheinend etwas anders. Was wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen ist, dass wir solche Tage bzw. 24 Stunden nicht jeden Tag erleben.
Ich versuche dann solche besonderen Tage vor meinem inneren Auge Revue passieren zu lassen, wahrscheinlich um mir selbst darüber im Klaren zu werden, dass es auch tatsächlich weniger als 24 Stunden waren, die mir von meinem Lebenskonto abgezogen wurden. Vielleicht um es besser realisieren zu können.
Das Ergebnis ist meistens das gleiche. Die Ungläubigkeit ist sehr oft riesig. Ich erlebe die vergangen Stunden, besonders bei Konzerten, noch einmal. Beflügelt und mit einer Menge Adrenalin, welches durch meine Blutbahnen flutet, sträubt sich mein Kopf oft, die tatsächlichen Fakten zu realisieren. Das Konstrukt der Zeit verschwimmt in meiner Vorstellung dann zu einem einzigen Brei.
Es zu leugnen ist aber trotzdem sinnlos. Denn natürlich bin ich mir der Realität bewusst.
Ein Tag sind, die in Stein gehauenen, 24 Stunden.
© Thomas Paar 2022-09-28