von Jessica Sievert
[…]
Enttäuschung ist es, was ich empfinde. Dann die traurige Wahrheit ist, ich hätte es verstanden. Ich hätte verstanden, dass sie sich in ihn verliebt hat. Ich hätte verstanden, dass sie Angst hat mich zu verlieren. Ich habe so viel Empathie, dass ich oft total verwirrt bin, weil ich fĂĽr mein GegenĂĽber mehr MitgefĂĽhl empfinde, als fĂĽr mich selbst. NatĂĽrlich wäre ich gekränkt gewesen. Aber die Wahrheit aus ihrem Mund hätte bewiesen, wie wichtig ich ihr bin. Ich bin die Aller-aller-Letzte, die sich nicht zu den beiden gefreut hätte. Aber doch bitte nicht erst, nachdem mein ganzes Leben zerlegt und ins Chaos gestĂĽrzt wurde. Ich hätte es den beiden so gegönnt, ich hätte versucht meine GefĂĽhle aufzugeben und einzusehen, dass er wahrhaftig nichts von mir will. Ich hätte mich zu den beiden gefreut, so wie ich auch fĂĽr seine vorherige Freundin – oder Fast-Freundin oder wie auch immer (die beiden sind sich da nicht ganz so einig – sie kenne und mag ich nämlich auch sehr gut und gerne) – empfunden habe. Aber ich wurde einfach von vorne bis hinten belogen. Ich weiĂź nicht, wie lange das mit den Beiden läuft, wie lange sie mich betrogen haben. Aber ich möchte meinen Frieden und meine Erinnerungen und deshalb will ich es auch gar nicht wissen.
Es ist ein bisschen wie Schrödingers Katze, solange man etwas nicht weiß, ist beides möglich. Und mit dieser Unwissenheit komme ich besser zurecht, als wenn ich meine Vergangenheit wieder und wieder mit neuen Fakten grundlegend überarbeiten muss. Das tue ich ja eh schon, auch ohne. […]
© Jessica Sievert 2022-10-03