von Jana Tvorogova
„In diesem Arbeitsraum wird geschrieben. Raus hier“, begann mein Vater zu schimpfen.
„Geschrieben? Worauf denn? Die Seiten sind alle Leer“, zischte meine Mutter
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Die Seiten. Sind. Leer.“
„Deine Manuskripte … sind keine Manuskripte. Sondern einfach nur Papier. Ohne Wörter, nicht einmal Buchstaben, nichts geschrieben, nichts eingemeißelt“, versuchte ich zu helfen.
„Ihr seid doch verrückt. Das ist Teil des Prozesses …“, verteidigte er sich.
Meine Mutter hatte langsam genug. Sie fragte mehrmals, ob die Seiten leer waren oder nicht worauf sie keine Antwort bekam. „Bitte sag mir nicht, dass du nur leere Seiten geschrieben hast“, wiederholte sie mehrmals. „Gerard, ich habe doch unseren Verleger schon kontaktiert…“ Als ich das hörte, konnte ich ein Lächeln nur mit Schwierigkeiten verstecken. Das sah meiner Mutter ähnlich, sich auf jedes mögliche Manuskript von meinem Vater zu werfen um es direkt zu einem neuen Besteller zu machen. Sie drängte ihn bis er seine leeren Seiten auf den Tisch warf und uns endgültig aus seinem Arbeitsraum werfen wollte: „Ihr versteht einfach nicht, oder? Ihr kulturlosen Holzstühle! Ohne ein leeres Blatt kann nichts, rein gar nichts entstehen! Sie geben uns eine Möglichkeit, eine unendliche Möglichkeit, unendlich viele Möglichkeiten, mögliche Unendlichkeiten, unendliche Endlichkeiten und endliche Möglichkeiten!“
Meiner Mutter gefiel das gar nicht.
„Jetzt setz dich hin und schreib! Was soll ich denn bitte Bernard erzählen?“
„Ich kann doch nicht am Laufband produzieren“, protestierte mein Vater.
„Doch.“
„Unsinn, raus mit euch. Ihr vertreibt mir meine ganzen Ideen. Ihr verscheucht sie. Und lass Bernard aus dem Spiel.“
Dafür war es schon zu spät. Meine Mutter hatte Bernard, unseren „Verleger des Vertrauens“ schon längst angerufen und ihm einen neuen Bestseller meines Vaters versprochen. Als die Tür mit einem Krachen zufiel, schaute ich vorwurfsvoll meine Mutter an.
© Jana Tvorogova 2025-03-01