von Elisa –
Ich starre auf die Buchstaben, die vor mir schweben. Meine Finger waren so schnell, dass ich gar nicht erfassen konnte, was ich da schreibe. Mein Gehirn schreibt bereits das Ende der Geschichte, während ich allmählich realisiere, dass es womöglich die dunkelste Geschichte ist, die ich je geschrieben habe. Plötzlich scheinen die Wände auf mich zu zu kriechen. Voller Panik tippe ich ein paar Notizen zum Ende in meinen Laptop und verlasse stürmisch das Café. Draußen kann ich wieder richtig atmen. Was war das eben bloß? Ich mache mich auf den Weg nach Hause, zu meiner kleinen Wohnung, die ich seit einem Jahr mein zu Hause nenne.
Sobald ich die Tür hinter mir schließe, werfe ich meine Jacke, Schuhe und Tasche ab und lege mich in mein Bett. Es ist alles dunkel und ich genieße die Zeit der Blindheit. Nichts sehen zu müssen bedeutet auch, für diesen Moment keine Sorgen haben zu müssen. All meine Gedanken sind bedeutungslos in der Stille, weil es keinen Gegenstand gibt, der sie im Moment bedeutend machen könnte. Als ich aufwache, ist es bereits dunkel. Ich schaue auf die Uhr.
20:43 Uhr. Mist, ich muss zur Arbeit. Kali, meine beste Freundin schaut mich gelangweilt von der Theke an, als ich verschlafen in die kleine Bar trotte, in der wir arbeiten. Vor etwa einem Jahr hat sie mich mit auf die Jobsuche geschleppt und schließlich entschieden, dass diese Bar perfekt wäre. Wahrscheinlich war ihr Plan bei der Arbeit trinken zu können. Auf jeden Fall sitzen wir beide jetzt hier fest, weil wir irgendwie unsere Wohnungen finanzieren müssen. Kali wohnt bei ihrer Oma, die Demenz hat und muss deshalb für sie sorgen. Über ihre Eltern spricht sie nicht, sie sagt nur, dass sie sie im Stich gelassen haben. Ab halb elf ist die Bar voll und wir haben einiges zu tun, trotzdem beobachte ich die Menschen. Da ist der Mann, Mitte 40, an seinem Stammtisch in der Ecke. Er trinkt jedes Mal zwei Bier und liest dabei einen Thriller. Dann sind die beiden Freundinnen da, die jeden Mittwoch und Freitag einen Martini trinken.
Plötzlich betritt eine Gestalt die Bar. Sie ist groß und trägt Kleidung, welche aussieht wie Stofffetzen, die an ihr herunterhängen. Ich kann nicht einmal sagen, welches Geschlecht die Person hat. Ich hole schnell mein Notizbuch heraus und zeichne eine Skizze. Sie ist perfekt für meine Geschichte. Zu Hause schlage ich meinen Laptop auf. Neben mir steht eine Tasse Rooibos Tee mit Honig und ein Schokomuffin.
© Elisa – 2023-09-15