30.000 Gedanken und nur 24 Stunden. 30.000 Gedanken versuchen mein Hirn zu umrunden. Der eine denkt: “Das Schlimmste ist ĂĽberwunden”, der andere meint, das hätt‘ er anders empfunden. Die Tage häufen sich und die Monate auch. Und alle fragen sich wie lang ich noch brauch. Ich hätte doch längst & sollte dann bald… Dieser gottverdammte Konjunktiv, der durch mein Hirn schallt. Die Vorsätze, die mich in Schockstarre versetzen. Die selbstkreierten Dämonen, die mich so verletzen.
30.000 Gedanken & sie kreisen und kreisen, jeder einzelne von ihnen ist ständig auf Reisen. Der eine muss sich vor dem anderen beweisen, denn es gibt die großen, die kleine, die lauten, die leisen. Die, die ein Ziel haben und die, die entgleisten. Manchmal entstehen neue Gedanken, wenn zwei sich umkreisen. Manchmal sterben die alten dabei und hinterlassen nur Waisen, die gar nicht mehr wissen, woher sie denn kommen… aber sie kreisen und kreisen.
30.000 Gedanken und jeder einzelne Angst, dass er verdrängt wird, während er planlos in meinem Hirn rumschwirrt. Der eine setzt sich fest, der andere hat sich verirrt und alle beschweren sich, dass mein Hirn nichts kapiert. Bis wohin ist es Neugier und ab wann ist es Wahnsinn? Woher weiß ich, ob ich krank oder nur reflektiert bin? Ein Gedanken sagt: “Es gibt viele Herangehensweisen”, und die anderen Gedanken, sie kreisen und kreisen.
30.000 Gedanken stehen im Stau. GrĂĽne Ampeln werden rot und rot wird zu grau. Die Synapsen verstopft, die Gedanken fahren Schleichwege. Schlaglöcher, Unfall, der Verkehr, er ist träge. Ich schieĂźe immer mehr, Gedanken hinter her, Hunderte, Tausende, nein, noch ’ne Spur mehr. Jeder Gedanken so stur und alle dasselbe Problem: Keiner beachtet das ReiĂźverschlusssystem.
30.000 Gedanken tanzen und singen. Die einen schreien und die anderen springen. Aus den Boxen kein Pop, nur dĂĽsterer Blues, die gesamte Diskographie von The f32’s. The Tears, The Fears, The Burnouts, The Flashbacks. Radio Tinnitus Frequenz 66.6.
30.000 Gedanken starren ins Leere, ich habe es wieder nicht hinaus geschafft. Die Gedanken sind mein Gefängnis, die Couch meine Einzelhaft. Ich liege auf der Couch, aber selbst da fühle ich mich, als läge ich daneben. Und daneben liegt ein Heft mit der Aufschrift “Bin ich schon depressiv, oder ist das noch das Leben?” Ich nehme es in die Hand & denke mir “welch idiotische Frage”, diese Worte schmälern die Krankheit, mit der ich mich so plage. Ich schlage es auf, auf Seite zwei ein Rätsel und ein Fehlersuchbild, es heißt, dass die Depression die kognitiven Fähigkeiten killt.
15 Buchstaben waagrecht “zwanghaftes Nachdenken” am Ende mit [][][][][][][][][]reisen.
Ein einzelner Gedanke kreist, aber 30.000 „Gedankenkreisen“.
© Robert Ziffer-Teschenbruck 2023-01-03