von Lena Kornherr
Nachdem ich die Listen geschrieben und mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, ging ich auf die Internetseite des Wolfgang Amadeus Mozart Privat-Gymnasiums und lud die Datei mit der Schulanmeldung herunter. Wenn man sich anmelden wollte, musste man nämlich das Formular ausgefüllt und von den Erziehungsberechtigten unterschrieben am Anmeldetag im Sekretariat abgeben, nachdem man etwas vorgespielt oder vorgesungen hat. Mein Plan war es meinen Eltern später die beiden Listen gemeinsam mit dem Anmeldeformular vorzulegen. Damit sie schon im Vorfeld keinen Grund haben sauer zu sein, putzte ich nochmal gründlich die Wohnung und begann dann das Lieblingsgericht der beiden zu kochen: Lachs mit Rosmarinkartoffeln. Die Zutaten und ein paar schöne Blumen hatte ich noch schnell nach der Schule im Supermarkt nebenan besorgt. Normalerweise singe und tanze ich beim Kochen, dieses Mal zwar auch aber längst nicht so ausgelassen. Während Kartoffeln und Lachs vor sich hin schmorten, war ich gerade dabei den Tisch abzuwischen, als mir auffiel, dass ich ja ganz vergessen hatte eine frische Tischdecke heraus zu suchen. Ich überlegte kurz, ob die Herdplatte aus stellen sollte, entschied mich dann aber dagegen, da ich ja nur kurz in den Nebenraum musste. Als ich wenig später begann, den cremefarbenen Tischläufer, für welchen ich mich entschieden hatte, zu bügeln, bekam ich dennoch Panik wegen des Herdes. Gestresst lief ich hinüber in die Küche. Es war zum Glück weder übergekocht noch angebrannt. Gerade wollte ich erleichtert aufatmen, da fiel mir ein, dass ja das Bügeleisen noch an war. Also wieder zurück ins Wohnzimmer. Wie sich herausstellte, hatte ich mich auch hier um sonst gesorgt. Natürlich, es passierte immer genau dann etwas, wenn man es am wenigsten erwartet. Jetzt gerade erwartete ich, dass einfach alles schiefging. Doch es passierte nichts, obwohl oder vielleicht auch gerade, weil ich ständig zwischen Bügeleisen und Kochtopf hin und her lief und das Bügeln des Tischläufers unnötig lange dauerte. Ich merkte schon wie ich nervös wurde, als ich endlich den Tisch decken wollte und mir auffiel, dass ich noch keine schöne Vase geholt hatte. Langsam begannen meine Hände zu zittern, sodass ich Angst hatte ich würde etwas herunterwerfen oder fallen lassen. Doch ich warf nichts herunter und ließ auch nichts fallen. Der Tisch war schon gedeckt und das Essen fast fertig, da machte ich den Fehler auf die Uhr zu sehen. Schon fast acht! In ein paar Minuten würden sie da sein! Schnell noch Getränke hinstellen und das eigene Erscheinungsbild im Spiegel überprüfen. Nur schnell die Haare neu zusammenbinden, für mehr ist keine Zeit. Da, ein Schlüssel wird im Schloss umgedreht. Sie sind da! Hecktisch richte ich alles an. Atmen, Myra atmen! Das kann doch nicht so schwer sein, andere Leute teilen ihren Eltern mit, dass sie auf das eigene Geschlecht stehen, da können die Reaktionen viel schlimmer ausfallen als, wenn man erklärt, dass man seinen Traum verwirklichen möchte.
© Lena Kornherr 2024-09-20