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Sein Name bedeutet „von ganzem Herzen“. Seine Lieblingsfarbe ist violett. Seine Ohren sind gepierct, wo noch Platz ist. Sein Haar ist kastanienbraun und seine Augen rehbraun. Niemandem außer mir scheinen diese Unterschiede aufzufallen. Caleb lacht nur, wenn er sich sicher fühlt, wenn er denkt, dass ihn niemand beachtet. Caleb fängt immer erst dann an aufs Skateboard zu steigen, wenn ihn keiner beobachtet. Und Caleb hat sehr viel mit seinem Namen gemein: Er lebt „von ganzem Herzen“, er ist „von ganzem Herzen“, er existiert „von ganzem Herzen“.

Calebs Lieblingswort im Deutschen ist „Junge“. Er verwendet es in jedem zweiten Satz und das Ganze fügt seinem Deutsch eine solche Leichtigkeit zu, dass mein Herz im Ganzen schmilzt. Sein Deutsch hat den amerikanischen Akzent auch, obwohl er bei mir so viel deutlicher hervortritt, bin ich doch der mit den deutschen Wurzeln.

Ich erwische mich bei jedem Mal skaten dabei, wie ich Caleb von der Seite ansehe, mir sein Seitenprofil merke und meine Worte bewusster wähle. Ich erwische mich jedes Mal dabei, wie ich ihm nachsehe, hoffend auch er würde endlich zurückblicken. Ich erwische mich dabei, wie ich meine Hand nahe an seine lege, wie mein Herz wieder lauter schlägt, sowie damals bei Jordan.

Jordan, in den ich mich verliebt habe. Jordan mit den grünen Haaren, der mir gezeigt hat, dass schwul zu sein in Ordnung ist, dass ich zu sein in Ordnung ist. Jordan, dem es egal war, dass ich trans bin, was ich da unten habe und dass ich damals noch keine Hormone genommen habe. Jordan, der mein erster Freund wurde und der lange an meiner Seite stand, bis er eben das nicht mehr tat. Jordan ist nicht der Teufel in einem Teil meiner Geschichte, selbst ihn würde ich nicht so bezeichnen. Jordan ist der, der mir half mich zu akzeptieren, die Gefühle zu akzeptieren, die jetzt bei Caleb wieder hochkommen. Ohne Jordan könnte ich jetzt nicht hier sitzen und Caleb so angucken. Ohne Jordan wäre alles vielleicht ganz anders gekommen.

Unsere Räder rollen über den Asphalt, während die Sonne am Horizont langsam untergeht. Unsere Räder rollen über den Asphalt und zum ersten Mal schaut Caleb auch zu mir und ich scheine in seinem Blick etwas, wenn auch nur minimal, Ähnliches zu dem zu finden, wie ich ihn selbst ansehe.

Unsere Räder rollen über den Asphalt und ich schaue ihn einen Moment zu lange an, um nur Freunde zu sein. Unsere Räder rollen über den Asphalt und mein Binder schnürt mir weiter die Brust zu. Unsere Räder rollen über den Asphalt und Caleb lacht zum ersten Mal richtig, wie er es sonst nur tut, wenn niemand hinsieht. Unsere Räder rollen über den Asphalt und ich will seine Lippen auf meinen spüren. Unsere Räder rollen über den Asphalt und ich will ihn kennen, richtig kennen. Unsere Räder rollen über den Asphalt und ich muss mich dazu zwingen wegzusehen, um nicht zu stürzen. Unsere Räder rollen über den Asphalt.

Dann rollen unsere Räder nicht mehr über den Asphalt und ich sehe ihm nach, als er in Richtung nach Hause läuft, nur dieses Mal sieht er zurück und mein Herz schlägt vom ganzen Herzen.