4 Jahre, bevor ich meinen Mann verließ (3)

Jana Puschmann

von Jana Puschmann

Story

„Lilly ist in der Stadt“, sage ich, während ich die Bolognese umrühre. Er reagiert nicht, hat das Headset am Ohr und die Post in der Hand. „Ich dachte, wir könnten mit ihr und Tom heute Abend was machen…“ Ich weiß nicht, wie viel Hoffnung in meiner Stimme mitschwingt, aber ein Teil von mir weiß, dass er keine Lust hat.

„Was willst du denn machen?“, fragt er und reißt einen Briefumschlag nach dem anderen auf.

Er macht es also abhängig davon, was gemacht wird. Dass ich meine beste Freundin, die 800 Kilometer weit weg wohnt, wiedersehen will, ist anscheinend nicht von Bedeutung.

„Keine Ahnung. Worauf hättest du Lust? Spieleabend? Essen gehen? Wir können auch gucken, ob was im Kino läuft.“

„Heute ist Fußball“, ist seine Antwort.

Die Bolognese ist fertig.

„Fußball ist jeden Freitag. Du könntest doch einmal nicht spielen und etwas mit mir, meiner Freundin und ihrem Mann unternehmen.“ Ich bitte ihn nicht, ich flehe ihn nicht an; es ist mehr eine Anschuldigung, weil sich diese Situation schon so oft wiederholt hat. Eigentlich ist alles, was danach passiert, redundant. Ich kämpfe einen Kampf, von dem ich weiß, dass ich ihn verliere.

„Ich brauch das aber. Du kannst das nicht verstehen!“ Er hat die Post durchgesehen, sich einen Teller geschnappt und schaufelt Spaghetti aus dem Topf. Ich hätte große Lust, noch schnell die Bolognese zu versalzen.

„Andere Paare verbringen den Freitagabend auch gemeinsam. Ich wünsche mir jetzt nichts Außergewöhnliches.“ Mir ist der Appetit vergangen. Er sitzt schon am Tisch und isst.

„Ich kann ja nach dem Sport dazukommen…“, versucht er, mich zu besänftigen.

An diesem Abend schaffte ich es nicht, ihn zu überreden. Ein halbes Jahr später, als Lilly mit Tom erneut in der Stadt ist, gelingt es zu meiner Überraschung. Vielleicht, weil er sich an diesen Abend erinnert. Vielleicht hat die Bolognese besonders gut geschmeckt. Vielleicht, weil er ein schlechtes Gewissen hat. Auf jeden Fall waren wir beim Italiener und im Anschluss Billard spielen. Ich genoss den Abend in vollen Zügen, lachte mit meiner Freundin und hatte den Kampf um diese Unternehmung fast schon vergessen.

Als wir alleine auf dem Nachhauseweg sind, sehe ich ihn vom Beifahrersitz aus an, greife nach seiner Hand und sage: „Das war doch ein lustiger Abend.“

Er blickt kurz zu mir, lächelt leicht und antwortet: „Ja, ganz lustig. Aber eigentlich wäre ich lieber beim Fußball gewesen.“

© Jana Puschmann 2022-05-07

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