von Uschi Höberth
„Wie fühlen Sie sich jetzt, Sophie?“. Dr. Larssons Stimme klingt gleichzeitig ganz nahe und ganz weit weg. Noch immer spüre ich, wie die Kälte mir in den Knochen sitzt und mich von innen heraus auf eine nicht klar in Worte zu fassende Art und Weise lähmt. Ich versuche, den Gedanken wegzuschieben und mich auf den Mann zu konzentrieren, der mir in seinem Büro gegenübersitzt und mich eingehend mustert. Ihm gegenüber darf ich mir keine Schwäche erlauben.
„Trinken Sie Ihren Tee, wir wollen doch nicht, dass Sie sich verkühlen.“ Ich versuche mir die Wut und Verzweiflung über meine ausweglose Situation nicht anmerken zu lassen, bin mir aber nicht sicher, ob es mir gelingt. Als ob eine Tasse Tee das Gefühl von unbeschreiblicher Kälte vertreiben könnte, das ein Zwangsbad in Eiswasser erzeugt. Diese Kälte, die meinen Körper gefangen hält und mich unwillkürlich zittern lässt, macht, dass mir weder meine Muskeln noch meine Mimik so gehorchen, wie ich es gerne hätte.
„Mit dieser Einstellung wird es sehr schwer werden, ihre Krankheit zu überwinden. Schizophrenie ist ein ernstzunehmender Zustand, Sophie. Denken Sie doch nur an Ihre arme Mutter und daran, wie es ihr erging, als sie erfuhr, wie krank Sie sind. Und an Ihren werten Herrn Papa. Ihm habe ich hoch und heilig geschworen, dass ich Sie heilen werde. Koste es, was es wolle.“
Koste es, was es wolle.
Diese fünf Worte lassen mich erneut erschauern. Ich antworte zunächst nichts und schaue ihn einfach nur an. Wie kann man nur denken, dass solche Methoden den Geist heilen könnten? Die Idee allein macht mich wütend. Dr. Larsson scheint mir die Gedanken von den Augen ablesen zu können, blickt mich jedoch abwartet an. Ich senke widerwillig meinen Blick und sage, leiser als ich es wollte: „Es sind doch nur Träume.“ Stille.
Nach einer gefühlten Ewigkeit antwortet er mir. „Wie ich sehe, sind Sie noch immer nicht einsichtig. Vielleicht sollten wir für morgen einen neuen Therapieansatz wählen.“
© Uschi Höberth 2023-09-07