4 Verkaufsgespräch

Innisa

von Innisa

Story

Den ersten Eindruck, den manche Banken beim Betreten vermitteln, haben sie mit Kirchen gemeinsam. Viel Stein, ziemlich leer, teuer und alles finanziert mit dem Geld ihrer Gläubigen. Die Angestellten tragen Uniform und meistens will man etwas von ihnen, wenn man sie aufsucht. Also sollte man freundlich mit ihnen umgehen, egal ob man Gottes Segen oder einen Hauskredit haben möchte.

Steffi wollte weder das eine noch das andere. Trotzdem war sie nervös. Der Berater begrüßte sie freundlich, nannte seinen Namen und begleitete sie in ein kleines, gläsernes Büro. Da saßen sie einander gegenüber. Zwei Fische im Aquarium. „Schön Sie als Kundin unserer Bank in der Filiale begrüßen zu dürfen. Sie möchten über das Thema Vorsorge sprechen, haben Sie am Telefon gesagt.“ Der Berater sah Stefanie aufmunternd an. „Mir geht es … um die Pensionsvorsorge. Ich habe zwei Kinder und konnte lange nur in Teilzeit arbeiten, deswegen sieht es mit meiner staatlichen Pension nicht so gut aus.“ Steffi betrachtete ihn skeptisch. „Ich verkaufe den Leuten Lebensmittel und er Finanzprodukte. Nur dass er auch noch Provisionen bekommt und ich nicht“, dachte sie.

„Ich verstehe, haben Sie den Auszug der Pensionsversicherung dabei? Dann könnten wir Ihre Pensionslücke berechnen und überlegen, welche Angebote für Ihre Bedürfnisse am besten passen könnten“, erklärte er freundlich und tippte die Zahlen in seinen Laptop. Am Ende nannte er ihr die Differenz zwischen ihrem jetzigen Einkommen und ihrer zukünftigen Nettorente.

Der Berater gönnte Steffi danach eine kurze Pause, holte ihr und sich eine Tasse Kaffee. Wortlos setzte er sich wieder hinter den Laptop und wählte die Webseite seines Instituts an, um die verfügbaren Finanzprodukte vorzustellen. Freundlich wandte er sich ihr zu. Er konnte seiner Kundin eine klassische und eine fondsgebundene Pensionsversicherung anbieten. Kurz präsentierte er beide Varianten. „In Ihrem Fall würde ich eher die fondsgebundene Pensionsversicherung wählen. Die Sparrate wird in Fonds unseres Instituts investiert, wobei sie sich aussuchen können, ob Sie nachhaltige Wertpapiere erwerben möchten oder nicht. Der Kapitalmarkt führt auf lange Sicht zu höheren Renditen als andere Anlageformen. Außerdem enthält der Versicherungsmantel eine Vorsorge gegen eine eventuelle Berufsunfähigkeit oder schwere Erkrankung.“ Steffi sah ihn fragend an: „Was sind Fonds?“ – „Aktienfonds. Dabei handelt es sich um eine Art Topf, in dem sich verschiedene Aktien befinden. Ein Fondsmanager kauft mit den Einzahlungen der Kunden Unternehmensanteile an der Börse. Sie müssen sich das wie einen Topf mit Suppe vorstellen, in den man verschiedene Gemüsestücke hineingibt. Dadurch wird das Risiko von einzelnen Aktien vermindert, aber Sie profitieren trotzdem von den höheren Gewinnchancen auf dem Kapitalmarkt.“ – „Verstehe ich Sie richtig? Ich soll Aktien kaufen?“ – „Streng genommen, ja. Aber Sie sind an dem Fonds als Ganzes beteiligt. Sie haben quasi kein Risiko.“

Als Stefanie später vor dem Gebäude auf dem Gehsteig stand, schüttelte sie nur den Kopf. „Ich und Aktien? Der spinnt doch!“

© Innisa 2025-02-27

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Herausfordernd, Emotional, Angespannt
Hashtags