von Jana Puschmann
Eine Hochzeit ist ein Beginn. Der Beginn einer neuen Ära. Etwas Zauberhaftes fängt an. Das Brautpaar tanzt in Liebe umschlungen, verbringt die Hochzeitsnacht in einem edlen Hotel, fährt für viel Geld in Flitterwochen mit Traumkulisse.
Unsere Hochzeit war auch ein Beginn. Der Beginn vom Ende unserer Ehe. Zauberhaft war nur wenig an diesem Tag. Für mich jedenfalls. Der Rest der Gäste schwärmt noch Jahre später von dem, was wir ihnen geboten haben.
Das Brautpaar – wir – tanzt nicht in Liebe umschlungen. Es ist ein Discofox zu einem albernen Lied. Heute denke ich, dass es dem Anlass nicht angemessen war. Andererseits hätte ich mir mit ihm auch nicht vorstellen können, etwas Langsames zu tanzen, bei dem man sich in die Augen schaut und dem Anderen nur mit dem Blick mitteilt, wie sehr man ihn liebt. Heute weiß ich, dass es nur den richtigen Mann braucht, um so zu tanzen.
Das Brautpaar – wir – verbringt die Hochzeitnacht nicht in einem edlen Hotel, sondern zu Hause. Das Bett ist von letzter Nacht noch nicht gemacht; dass die Putzfrau da war, ist bestimmt eine Woche her. Ich bin todmüde, meine Füße schmerzen. Eigentlich will ich nur schlafen, mich ausruhen. Aber der Bräutigam, leicht betrunken, meint, er müsste noch die Hochzeitsnacht vollziehen. Ich lasse es über mich ergehen. Es ist schnell vorbei. Ich täusche nichts vor. Es scheint ihm nicht wichtig zu sein, dass es mir nur wenig Spaß bereitet. Heute weiß ich, dass auch das dem Anlass nicht angemessen war. Der richtige Mann hätte erkannt, was ich brauche. Er hätte meine Füße massiert und sich zu mir gekuschelt. Er hätte mich erst gar nicht bis halb sieben morgens auf unserer Hochzeit ausharren lassen. Um zehn wache ich schon wieder auf. Er ist nicht da. Kein Zettel, keine Nachricht. Auf Nachfrage erfahre ich, dass er mit seinen Jungs ein „Katerbier“ trinkt. Der Geschmack in meinem Mund ist bitter.
Das Brautpaar – wir – fährt zwar in die Flitterwochen, aber die Begriffe „edel“ und „Traumkulisse“ sind Fremdwörter. Wochenlang haben wir diskutiert, wohin wir fahren. Am Ende war es mir egal: einfach nur an irgendein beschissenes Meer. Macht euch kein voreiliges Bild von mir! Ich hatte keine drei Wochen auf den Seychellen verlangt; eher 10 Tage Italien oder Südfrankreich. Aber es war ihm alles zu teuer. „Wir können ja getrennt fahren.“ Ich weiß nicht, ob ich das wirklich gesagt habe – und falls nicht, auf der Zunge lag es mir bestimmt. Es wurden sieben Tage Kroatien. Ich erinnere mich heute an fast nichts mehr. Es gab täglich frisch geschnittene Wassermelone am Strand. Er hat fast den ganzen Tag am Pool geschlafen. Ich muss eine Menge Bücher gelesen haben.
All diese Dinge nahm ich in Kauf – wofür? Das frage ich mich immer und immer wieder. Ich wollte ja gar nichts Unmögliches. Ich brauchte keine Kutsche mit weißen Pferden, kein Hochzeitskleid für 4000 Euro, kein Feuerwerk, kein Fünf-Gänge-Menü. Aber das, was ich bekam, brauchte ich erst recht nicht.
© Jana Puschmann 2022-05-06