5. Wendaria

ALSp

von ALSp

Story

Am darauffolgendem Tag verließ sie kurz vor Mittag das Gasthaus. Sie hatte den ganzen Morgen darüber gegrübelt, was sie Akrel erzählen sollte. Da die Durstwüste direkt an ihre Heimat grenzte, war sie sicher, dass er einiges über Kachaja wusste. Auch seine Reaktion hatte ihr gezeigt, dass er mit den Sitten und Gebräuchen ihrer Heimat vertraut war. Sie beschloss ihm einen Teil der Wahrheit zu erzählen. Sie hoffte auch, dass er vielleicht ein wenig über die aktuelle Situation dort wusste. So könnte sie auch an Informationen gelangen. Auf dem Platz vor dem Gasthaus blieb sie kurz stehen und sah in den strahlend blauen Himmel. Es wurmte sie, dass das Wetter jetzt, wo sie endlich ein Dach über den Kopf hatte, so schön geworden war. „Hallo“, sagte da die Stimme Akrels hinter ihr. Sie öffnete die Augen und lächelte ihn an. „Du bist früh hier“, sagte sie nur. Der Nomade zuckte mit den Schultern. „Ich war ungeduldig“, sagte Akrel ehrlich heraus. Er sah sie aufmerksam und erwartungsvoll an. Sie wich ihm aus, indem sie sich umsah. Sie hatte Luise, nach einem Pferdeverkäufer gefragt und wusste, wo sie ihn finden würde. „Gehen wir.“ Sie stampfte über den Platz und betrat eine der sehr engen Gassen, die zur Südseite des Ortes führte. Sie vernahm Akrels Schritte neben sich. „Ich habe lange über unser Gespräch gestern nachgedacht, Akira“, begann er das Gespräch. Kira schwieg. „Weißt du dein Name ist ziemlich selten. Ich habe ihn bisher nur in Verbindung mit einer ganz bestimmten Familie von Kachaja gehört.“ Er sah sie aufmerksam von der Seite her an. Kira stolperte, so sehr verkrampfte sich in diesem Moment ihr Herz. „Was hast du denn gehört?“, fragte sie etwas atemlos und versuchte sich darauf zu konzentrieren einen Fuß sicher vor den anderen zu setzen. Akrel griff nach ihrem Arm und drehte sie herum. Sie war jetzt gezwungen ihm ins Gesicht zu sehen. „Mein Onkel ist Darell. Er war Botschafter am Hof von Kachaja in Gajae“, sagte er und fixierte ihr Gesicht. Kira konnte ihre Reaktion nicht verbergen. Akrel trat wie vom Schlag getroffen einen Schritt zurück und starrte sie entgeistert an. Dann fasste er sich kopfschüttelnd an die Stirn. „Das ist einfach nicht möglich“, flüsterte er fassungslos. Kira versuchte die Situation zu retten, indem sie ratlos dreinsah und meinte: „Ich weiß nicht was du glaubst zu wissen, aber Akira ist kein so seltener Name wie du vielleicht meinst.“ Sie drehte sich um und marschierte weiter die Gasse hinunter. „Kira“, rief er ihr nach und diesmal zuckte sie angesichts ihres Spitznamens aus seinem Mund zusammen. „Du bist es“, sagte Akrel dicht hinter ihr. Sie war stehen geblieben. Sie kam wohl nicht umhin es ihm zu gestehen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und sah sich aufmerksam um. Niemand war zu sehen. Sie blickte ihn an und sagte: „Mein Name ist Akira Ionette de Gerl.“ Sie hielt die Luft an. War sich nicht sicher, wie er jetzt reagieren würde. Akrel starrte sie einfach nur an. Könnte sie den Rest seines Gesicht sehen würde es sicher einer offenstehenden Mund zeigen. Er fasste sich wieder an den Kopf und murmelte dann mehr zu sich selbst: „Das ist unmöglich. Aren de Gerls Tochter starb vor fast zwanzig Jahren in der Nacht des roten Mondes.“ Kira blickte ihn stumm an. Sie hatte sowas erwartet. „Die, die das behaupten wissen nicht, was in jener Nacht geschehen ist“, sagte sie leise. Akrel sah sie an. „Ich weiß nur, was mir erzählt wurde. König Aren und seine Tochter, sowie ein halbes Dutzend seiner Vertrauten und Berater wurden in der Nacht des roten Mondes von Assassinen der Flüsternden Hand getötet. Wohl im Auftrag von Hector Dohm, der ein paar Wochen später bei seiner Festnahme, durch die königliche Garde getötet wurde. Seine Tochter, die bei ihm war, wurde für unschuldig befunden und hat ein Jahr darauf Killian Delar geheiratet, der jetzt König ist.“ Kira wurde schwindelig. Das was sie gerade gehört hatte, war schlimmer, als erwartet. Sie tastete nach einer der Hauswände und ließ sich dagegen sinken. Tränen brannten in ihren Augenwinkeln und sie sah konzentriert in den Himmel, um sie zurückzuhalten. Nach einer ganzen Weile hatte sie sich wieder im Griff und sah ich gezwungen lächelnd an: „Darell ist also dein Onkel?“ Sie konnte diesen Zufall kaum fassen. „Er war derjenige, den du mit Fragen gelöchert hast, oder?“, fragte Akrel und legte den Kopf schief. Kira nickte bloß. Akrel seufzte und lehnte sich neben ihr an die Hauswand. „Was ist wirklich passiert“, fragte er nach einer Weile. Sie riss die Augen überrascht auf. „Du glaubst mir?“, fragte sie. Er nickte ernst. „Jede andere Erklärung angesichts deiner Reaktion wäre unschlüssig. Auch wenn ich einiges noch nicht verstehe.“ Kira schloss ihre Augen und atmete zitternd ein. Konzentriert dachte sie nach. Dann begann sie erst stockend und dann immer flüssiger zu erzählen, was in jener Nacht geschehen war. „Ich bin nachts aufgewacht und konnte einfach nicht mehr einschlafen. Ich beschloss meinen Vater aufzusuchen. Ich fand ihn nicht in seinen Räumen und erfuhr von seinem Leibgardisten Gandur, dass er sich wohl für ein Gespräch mit unserem Hofpriester in den Familiengarten zurückgezogen hatte. Ich beschloss ihn dort zu suchen. Ich fand die beiden dort und wir sprachen eine ganze Weile miteinander. Dann sind auf einmal zwei Soldaten der königlichen Garde aufgetaucht. Erst sprachen sie ganz normal mit uns, dann griffen sie uns einfach an. Vater hat mich beschützt und dem Hofpriester befohlen mich in Sicherheit zu bringen. Ich wollte nicht von ihm weg. Tendo hat mich förmlich wegschleifen müssen. Dann ist Killian aufgetaucht. Hinter ihm standen drei weitere Gardisten. Er war anfangs entsetzt. Ich habe ihm zugerufen, er solle Vater helfen. Er stürmte davon und ich dachte er würde meinem Vater helfen. Doch schlussendlich hat er ihm von hinten in den Rücken gestochen und dann geköpft. Ich sehe den Kopf bis heute fallen…“, sie hielt kurz die Luft an. Dann fuhr sie fort: „Tendo brachte mich zum Heiligtum. Dort sind wir von Killians Männern eingekreist worden. Tendo sah keine andere Möglichkeit und ist mit mir durch den Weltenbogen in die alte Welt geflohen.“ Kira liefen nun doch Tränen über die Wangen. Sie hatte nicht bemerkt das sie angefangen hatten zu laufen. Akrel holte zischend Luft. „Du warst in der alten Welt?“ Sie hörte die Angst in seiner Stimme. Sie nickte. „Dort vergeht die Zeit nur halb so schnell wie hier. Die Magie hat die alte Welt völlig verlassen. Es gab keine Möglichkeit, um zurückzukommen. Tendo und ich, wir…“, sie stockte kurz. Es war so viel in der alten Welt passiert. Es kam ihr komisch vor, es in ein paar Sätzen einfach abzuhandeln. Dennoch riss sie sich zusammen „wir fanden einen Weg, um zurückzukommen. Es hat Jahre gedauert, um alles beisammenzuhaben was für diese Möglichkeit benötigt wurde. Tendo ist bei dem Versuch eine Zutat für unsere Rückkehr zu besorgen umgekommen. Erst vor ein paar Wochen ist es mir gelungen den Weg zurückzuöffnen. Es war nicht geplant, dass ich hier lande. Aber immerhin bin ich wieder da.“ Kira schloss ihre Augen. Vor ihrem inneren Auge sah sie die letzten Jahre an sich vorbeifliegen. Akrel schwieg. Was sollte er auch sagen. Er schien die ganzen Information erstmal verarbeiten zu müssen. Er nickte geistesabwesend. Schließlich durchbrach er das Schweigen doch. „Was hast du jetzt vor?“ Kira wurde wütend und wischte sich die Tränen von den Wangen. „Was wohl? Ich werde Killian für seine Tat büßen lassen. Dass er das ganze vertuscht hat und dadurch sogar noch mein Onkel Hector umkam, macht das ganze nur noch entsetzlicher.“ Sie bebte jetzt vor Zorn. Die verdrängten Gefühle der letzten Jahre kamen mit einem Schlag zurück. Akrel wurde sehr ernst. „Rache ist ein schlechter Weggefährte“, sagte er resigniert. „Glaub mir mein Volk hat, das auf sehr bittere Art und Weise lernen müssen.“ Kira biss sich auf die Unterlippe „Ich weiß selbst, dass es ein schlechter Plan ist, doch es ist das Einzige, was mich die letzten Jahre hat vorwärts gehen lassen. Killian muss zur Rechenschaft gezogen werden.“ Akrel schwieg. Kira wusste, dass die Rache eines Einzelnen seines Volkes, zu einem Massaker geführt hatte, welches dieses beinahe ausgelöscht hätte. Die Nomaden hatten seit jener Zeit der Rache abgeschworen. Minutenlang standen sie nebeneinander an die Hauswand gelehnt und schwiegen. „Du brauchst ein Pferd, hattest du gesagt.“ Kira war ihm dankbar, dass er es vermied, weiter mit ihr zu diskutieren. Sie stieß sich von der Wand ab und führte ihn die Gasse hinunter. Minuten später standen die beiden an einem Gatter und bestaunten die wunderschönen Tiere. Das vorangegangene Gespräch verdrängte sie aus ihrem Kopf. Kira betrachtete die Tiere, bis ihr ein besonderes ins Auge stach. „Ist das dort ein Wendaria?“, fragte sie Akrel. Der sah in die gedeutete Richtung und zog die Stirn kraus. „Was macht ein solches Tier hier?“, sie hörte die Wut in seiner Stimme. Wendaria, waren die freilebenden Wildpferde der Wüstensteppe. Bei den Wüstennormaden wurden sie nur dann geritten, wenn sie von sich aus Vertrauen zu den Menschen fanden. Niemals würden sie eines fangen und unter sich zwingen. Sie galten als extrem widerstandfähig. Lebten länger als andere Pferde und hatte man einmal das Vertrauen eines solchen Tieres gewonnen, waren sie treu bis in den Tod hinein. Kira hatte sogar schon von Geschichten gehört, wo diese Tiere Menschen angriffen, um ihre Reiter zu beschützen. „Wir müssen es hier rausholen“, sagte sie energisch. Akrel sah sie an. Dann nickte er. Sie marschierten in den Stall neben der Koppel. Ein untersetzter Mann in den Vierzigern kam ihnen entgegen. „Kann ich helfen?“ er lächelte und enthüllte dabei sein stark dezimiertes Gebiss. „Ja wie möchten gerne den Wendariafuchs kaufen“, sagte Kira freundlich und sah Akrel streng an, der wütend schnaubte. Der Mann verzog das Gesicht. „Der Hengst ist sehr störrisch und lässt sich kaum bändigen. Also ehrlich gesagt, würde ich ihnen lieber ein anderes empfehlen.“ Kira schüttelte den Kopf. Der Mann zuckte mit den Schultern. Dann fing er an zu grinsen. „Wissen sie was, wenn sie es schaffen ihn selbst von der Koppel zu holen, dann lass ich nochmal mit mir reden.“ Er schien sich seiner Sache sehr sicher. Akrel wollte sogleich auf die Koppel zugehen doch der Mann schüttelte den Kopf. „Nicht du. Nur sie.“ er deutete auf Kira. Da sie nur seine Augen sah, war sie nicht sicher, welches Gesicht er gerade zog. Doch an seinem Augenrollen konnte sie es erahnen. Akrel begleitet Kira zum Gatter. „Beweg dich langsam und lass ihn zu dir kommen. Sprich leise mit ihm. Glaub mir er wird dich verstehen. Sag ihm, dass wir ihn in seine Heimat zu seiner Herde zurückbringen werden.“ Kira runzelte die Stirn. Akrel wollte sie doch sicher auf den Arm nehmen. Es konnte sie nicht verstehen. Dennoch beschloss sie Akrels Rat zu befolgen. Er kannte sich schließlich besser mit Pferden aus als sie. Sie kletterte zwischen den Querlatten hindurch und ging langsam auf die Pferde zu. „Das wird sowas von schief gehen“, hörte sie Akrel hinter sich brummen. Kira musste ein Augenrollen unterdrücken. Null Optimismus. Der Wendaria stellte sich mit gespitzten Ohren vor die anderen Tiere. Er beschützt sie, dachte sich Kira. Zwei Meter vor ihm blieb sie stehen. Leise und beruhigend erzählte sie ihm, was Akrel vorgeschlagen hatte. Der wunderschöne Fuchs, warf seinen Kopf herum und ging einen Schritt auf sie zu. Sie spürte ein leichtes Zupfen an ihrem Geist. Völlig überrumpelt starrte sie das Tier an. Sie kannte diese Art der Kontaktaufnahme. Geisttelepathie. Eine Fähigkeit, die sich mit dem Erscheinen der schwarzen Sonne auf ihrem Handrücken bei ihr gefestigt hatte. Wobei Tendo immer gemeint hatte, sie hätte schon zuvor eine natürliche Veranlagung gehabt. Er als Priester, hatte sie ebenfalls zumindest in den Grundlagen beherrscht und sie unterwiesen. Als Antwort auf das Zupfen an ihrem Geist, öffnete sie kurz ihre Barrieren, die sie normalerweise um sich herum aufbaute. Ein warmer und freundlicher Geist spürte sie auf. Erst nach einigen Sekunden wurde ihr klar, dass es tatsächlich der Geist des Wendaria war. Sie hatte eine solche Fähigkeit nie bei Tieren erwartet. Der Geist war einfach gestrickt, und doch spürte sie eine Intelligenz, die dem eines kleinen Kindes am nächsten kam. Sie schickte dem Wendaria all ihre beruhigenden Gefühle und das Versprechen ihn nach Hause zu bringen. Unbändige Freude schlug ihr entgegen. Darunter erkannte sie aber auch Trauer, Wut und Angst. Er musste einiges durchgemacht haben. „Wie bist du nur hier gelandet?“, fragte sie ihn sanft und mitfühlend. Sie sah Bilder in ihrem Kopf und verstand, dass der Wendaria ihr auf diese Art eine Antwort auf ihre Frage gab. Sie sah Menschen, die ihn mit Seilen einfingen, ihm etwas Schlechtes zu essen gaben und in einen Wagen steckten. Wie er auf einem Basar nahe der Durstwüste an einen dicken Händler verkauft worden war. Der hatte versucht das Tier zu bändigen, hatte es geschlagen und hungern lassen. Bis der schließlich aufgab und er wiederum weiter und weiter verkauft wurde, bis er bei diesem Pferdhändler gelandet war. Hier war es ihm besser gegangen als bei all seinen Vorbesitzern. Sie spürte eine gewisse Zuneigung des Pferdes zu dem Mann. Aber der Wendaria hatte fürchterliches Heimweh. Er vermisste die Steppe, den Wind in seiner Mähne, seine Herde und die Wärme der Sonne. Beinahe kamen Kira die Tränen. Ob Akrel um die Fähigkeit dieser Pferde wusste? Sie war sich ziemlich sicher. Sie streckte einen Arm aus und bat den Wendaria mitzukommen. Erst vorsichtig dann mit festen Schritt ging er auf sie zu und senkte seinen Kopf. Der Wendaria sah ihr direkt in die Augen. Ein einzelnes Wort formte sich vor ihrem inneren Auge. Sie wusste nicht wie, aber sie verstand. „Heres?“, flüsterte sie fragend. Das Hengst schnaubte kurz und schmiegte dann seine Nüstern an ihre Wange. Kira war überwältigt. Heres hieß sie in seinem Geist willkommen und auch wenn sie ihn immer noch vor sich stehen sah, fühlte es sich so an als sei sie Heres. Sie spürte seine starken Beine, seinen geraden Rücken, seinen Stolz gebogenen Hals. Fühlte die Kälte des Windes auf der Haut und die Wärme der Sonne auf dem Fell. „Dann lass uns mal abhauen, mein Großer“, sagte sie noch halb in Trance zu ihm. Heres wieherte leise. Er war glücklich. Kira drehte sich um und ging mit Heres an ihrer Seite zum Gattertor. Eine ihrer Hände lag an seinem Hals. Er hatte wunderbar weiches Fell. Akrel starrte sie an, dann kniff er nachdenklich die Augen zusammen. Sie würde später mit ihm darüber reden müssen. Der Pferdeverkäufer sah sie verdutzt an. Es herrschte Schweigen, dann warf er die Hände in die Luft. „Na meinetwegen, kriegen sie ihn halt. Was wollen sie an Ausrüstung?“ Kira sah Heres an und spürte nach seinem Geist. Sie wiederholte die Frage. Heres schüttelte angewidert den Kopf. Er mochte weder Sattel noch Gebiss, lediglich mit einem Halfter und Zügeln konnte er sich anfreunden. Sie erklärte es dem Verkäufer, der ihr nur kopfschüttelnd das gewünschte verkaufte, und sie dann von seinem Hof scheuchte. Es erschien ihr, als sei der Mann froh die Verantwortung für den Wendaria losgeworden zu sein. Schweigend liefen Akrel und Kira zurück zum Gasthaus. Heres trottete direkt hinter ihnen her. Kira verzichtete darauf ihn zu führen. Es erschien er angesichts seiner Intelligenz für unangebracht. Akrel sah sie einige Mal nachdenklich von der Seite her an. Sie konnte seine Blicke spüren. Als sie das Gasthaus erreichten zeigte Kira Heres den angrenzenden Stall und sorgte dafür, dass er alles bekam, was er brauchte. Sie würden noch im Verlauf dieses Tages aufbrechen, erklärte sie ihm. Sie wollte noch Vorräte einkaufen und sich dickere und vor allem wasserdichte Schuhe besorgen. Als sie wieder vor das Gasthaus trat sah sie Akrel direkt an. „Ich hätte einen Vorschlag für dich.“ Kira sah in abwartend an. „Ich lagere mit einer Gruppe meiner Leute an einem Ausläufer der Drachenberge. Ich würde dich ihnen gerne vorstellen.“ Kira war überrascht. Die Wüstennomaden, ließen nur sehr ungern Fremde in ihrer Nähe zu. „Bist du sicher“, fragte sie deshalb nach. Akrel nickte. „Ich denke schon seit ich deinen Namen gehört habe darüber nach. Ich denke es gibt da jemanden den du treffen solltest.“ Kira war verwirrt. Und das sah man ihr scheinbar auch an. Akrel zeigte wieder seine Lachfalten „Ich verspreche dir, dass ich dir alles erklären werde. Im Moment reicht es das du weißt, das ich vorhabe dir zu helfen nach Kachaja zurückzukommen.“ Kira war hocherfreut. Das nahm ihr eine schwere Last von den Schultern. Wenn sie an der Seite des Nomaden, die Durstwüste durchqueren könnte, war ihre Sicherheit gewährleistet. Und zumindest in den kommenden Wochen würde sie sich darum keine Sorgen mehr machen müssen. Also nickte sie. „Ich besorge mir noch Vorräte und neue Kleider, dann können wir los.“ Akrel schüttelte den Kopf „Wir haben alles da was du brauchst. Und glaub mir unsere Kleidung ist für dieses Wetter besser geeignet, als alles was du hier finden wirst.“ Kira überlegte kurz, und musste ihm dann recht geben. „Ich hol nur schnell meine restlichen Sachen.“ Akrel lächelte. Schnell waren ihre Sachen verpackt und sie saß dick eingepackt auf Heres Rücken. Es war ungewohnt ohne Sattel auf einem Pferd zu sitzen, doch Heres Gang war so sanft und weich, dass sie keine Probleme hatte sich oben zu halten. Akrel lief schnellen Schrittes zu Fuß neben Heres her. Schnell hatten sie den kleinen Ort verlassen. Die Wachposten hatten ihnen nur verdutzt hinterher gesehen. Es war sicher auch für sie eine Premiere einen Fremden an der Seite eines Wüstennomaden zu sehen.  Als der Ort hinter ihnen nicht mehr zu erkennen war, stieß Akrel einen schrillen Pfiff durch die Zähne aus. Kira zuckte zusammen. Und Heres begann zu tänzeln. Sie spürte in ihn hinein und beruhigte ihn sanft. Dann verspürte sie auf einmal seine unbändige Freude und er stieß ein Lautes Wiehern aus. Kira hob den Kopf und sah einen schwarzen Wendaria auf sich zu galoppieren. Beinahe bekam sie Angst es könnte mit Heres zusammenprallen, da verlangsamte es sein Tempo und hielt schlitternd vor Akrel an. Seine Nüstern blähten sich und sanft schupste er Akrel zur Begrüßung gegen die Brust. „Das ist Doran.“ Der schwarze Hengst schnupperte jetzt an ihr und Heres und begrüßte den Fuchs. Akrel stieg in einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf den Rücken seines Wendaria. „Wir sollten einen Gang zulegen, wenn wir vor Anbruch der Dunkelheit meine Gruppe erreichen wollen.“ Doran spurtete er aus dem Stand heraus los. Heres hielt sich Kira zuliebe noch zurück, doch dann erlaubte sie ihm zu Doran aufzuschließen. Sie musste anfangs kämpfen auf dem Rücken zu bleiben, doch schon nach ein paar Minuten hatte sie sich an das Tempo gewöhnt. Der Boden schoss nur so unter ihr hinweg und sie war sicher, noch nie so schnell geritten zu sein. Langsam begann sie den schnellen Ritt zu genießen. Sie spürte in Heres hinein und ließ sich von seiner Freude am Laufen anstecken. Sie löste ihre verkrampfen Hände von seiner Mähne und streckte die Hände links und rechts von sich. Es fühlte sich an als könnte sie fliegen. Ein unbeschreibliches Hochgefühl des Glücks durchströmte sie. Nie hatte sie etwas Vergleichbares erlebt. Sie schloss die Augen und versuchte mit jeder Pore ihres Körpers dieses Gefühl zu erfassen und zu genießen. Der Wind zerrte an ihren Haaren. Die Sonne spendete trotz ihrer geringen stärke genug Wärme. Bald wurde ihr warm. Sie ließ ihrer unbändigen Freude lauf und lachte laut in den Wind hinein. Sie vernahm Akrels lautes Lachen neben sich. Sie öffnete ihre Augen und sah ihn direkt neben sich. Auch er hatte die Arme ausgestreckt. Seine Augen glänzten vor Glück. „Das ist das pure Leben Kira“, schrie er ihr zu und sie stimmte ihm zu. Nie hatte sie sich lebendiger gefühlt. „Wir haben es bald geschafft“, schrie er und deutete vor sie. Erstaunt stellte sie fest, dass die Berge in der Ferne deutlich näher gerückt waren. Sie staunte. Für fast die gleiche Strecke, hätte sie zwei bis drei Tage zu Fuß gebraucht. Die Wendaria erschienen ihr immer unglaublicher. Was für eine Kraft und Schnelligkeit sie besaßen. Sie genoss den Ritt auch weiterhin in vollen Zügen. Zwei Stunden später erreichten sie die ersten tieferen Schneefelder der Berge. Doran und Heres mussten nun zwangsläufig das Tempo drosseln. Dennoch kamen sie mit dem tiefen Schnee erstaunlich gut zurecht. Im flotten Tempo erklommen sie die ersten Anhöhen und bald waren Akrel und Kira von Bergen umgeben. Doran schien den Weg genau zu kennen und führte die kleine Gruppe sicher über enge Wege und um große Felsbrocken herum. Akrel sah prüfend in den Himmel. „Es gibt Schnee heute Nacht“, sagte er eher zu sich selbst als zu Kira. Sie sah selbst in den Himmel. Kein einziges Wölkchen war zu sehen. Ihr Verstand, sagte er liege falsch, doch ihr Instinkt stimmte ihm zu. Sie schüttelte den Kopf. Doran und Heres trugen sie sicher durch die Berge. Kurz vor der Dämmerung, konnte Kira im Tal zwischen zwei sehr steil aufragenden Bergen, Zelte erkennen.


 


© ALSp 2024-01-24

Genres
Romane & Erzählungen, Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Abenteuerlich, Hoffnungsvoll, Mysteriös
Hashtags