von Daniela Rappold
Freitags ist mein liebster Tag der Woche, denn ich kann bereits zu Mittag mit der Arbeit aufhören und meinen liebsten Laden der Stadt besuchen: den Second- Hand – Laden, der wöchentlich neue Teile bekommt, die es zu entdecken gilt. Im kleinen Laden ist es etwas dunkel, da es eigentlich ein einziger Gang ist, der sich in diesem alten Gebäude mit dem Gewölbe in die Länge zieht. Schon von weitem entdecke ich ein gelbes Schmuckstück, das mir nur durch den herauslugenden Ärmel ins Auge springt: ein pastellgelbes, wadenlanges Kleid aus Lochspitze mit ballonartigen Ärmeln und einem zarten goldenen Gürtel an der Taille, dessen Verschluss ein kunterbunter Schmetterling ziert. „Das muss ich haben.“, sage ich etwas zu laut und bringe den geistesabwesenden Verkäufer hinter der Theke zum Schmunzeln, der sogar kurz von seinem Smartphone aufblickt, aber sich gleich wieder diesem widmet. Das Kleid hat nicht die richtige Größe, was mich aber nicht weiter stört, da ich an Omas alter Nähmaschine hin und wieder meine kreative Ader auslebe. Dass ich manchmal aber ein Kleid viel zu eng genäht habe und dann aussah wie ein Kind in einem zu klein gewordenen Kostüm aus dem Vorjahr, erwähne ich nicht unbedingt. Der junge Verkäufer sieht beim Bezahlen einmal das Kleid, dann wieder mich an, meint nur: „Ok, cool. Darfs eine Tasche sein?“, erledigt seinen Job und verabschiedet mich mit einem netten Lächeln. Wie so oft nach meinem Arbeitstag komme ich nach Hause und treffe meinen Vater in unserem Garten an. Vom übrig gebliebenem Chili, das er gekocht hat, nehme ich mir einen Teller und leiste ihm Gesellschaft. In einem grünen Plastikstuhl wartet er bereits. Sein liebstes Hobby ist die Gartenarbeit und wie sehr er diese liebt, sieht man beim ersten Blick in den Garten: In der Mitte gibt es einen kleinen Teich, der einige Fische und Frösche beheimatet, welche unter dem glänzenden Wasser schimmern. Diese Tiere sind nicht durch Menschenhand bei uns, sondern weil es die Natur so wollte. Es hat mich schon als Kind unwahrscheinlich begeistert, dass Vögel Eier über ihr Gefieder forttragen und dadurch Arten verbreiten. Vom Teich ausgehend gibt es einen Weg aus grauen Pflastersteinen, der in einen Blumengarten führt. Hier wachsen die unterschiedlichsten Arten: Rosenstöcke in vielen Farben, sogar dunkelblaue, da mein Vater versucht hat schwarze Rosen zu züchten, weil es mein Wunsch als Teenager war, eine schwarze Rose zu haben und dunkelblau noch am ehesten möglich war; wilder Efeu, der sich gekonnt am weißen Zaun hochzieht, blaue Hortensien und Vergissmeinnicht, meine absoluten Lieblingsblumen. Auch Insekten wissen den Garten zu schätzen. Mich faszinierte immer schon alles, das fliegen kann. Mein Lieblingsvogel ist keiner, der bei uns heimisch ist, sondern ein Kolibri, den ich als kleines Mädchen am Strand als Teil eines wunderschönen Motivs an einem Glasfenster eines Strandcafés entdeckte und dessen bunte Farben mir bis heute in Erinnerung geblieben sind. Nach dieser Entdeckung konnte ich nicht aufhören mehr über diese Vögel zu erfahren und lernte, dass Kolibris einen unwahrscheinlich schnellen Herzschlag haben, rückwärts fliegen können und sie ihre Flügel so schnell bewegen können, dass man die Bewegungen kaum sehen kann. Diese kleinen Tierchen haben einen winzigen Körper, aber ein großes Herz.
© Daniela Rappold 2023-08-08