6) Das unantastbare Glück

Seit ich denken kann ist kein Tag in meinem Leben vergangen, in dem mir nicht eingebläut wurde, dass ich den Versuchungen des Lebens widerstehen muss. Verlangen und Lust. Was auch immer diese Triebe auslöst, gilt als unantastbar. Schlag dir all das aus dem Kopf! Töte jeden Gedanken der Begierde. Werde taub.

Und es hat funktioniert. Das jahrelange Erdrosseln, Erstechen und Vergiften meiner Gedanken hat mich taub gemacht. So sehr, dass ich sogar glaubte, keine Gefühle mehr zu haben.

Bis jetzt, als deine Worte begannen, mich so zu überwältigen, dass ich keine Chance mehr hatte, das Verlangen zu töten. Und ich will das auch nicht. Ich will dir nicht widerstehen. Denn du bist keine Versuchung. Zu unrein ist dieses Wort, um es dir zur Kategorie zu machen. Ich will dich nicht beschmutzen mit den Dämonen meines Lebens.

Elisa, du bist keine Versuchung. Du bist mein Wunsch. Meine Hoffnung. Das wieder entfachte Gefühl in mir. Und ich will jede Nuance dieses Gefühls. Physische und mentale. Ich will meinen schnellen Herzschlag, meinen rasenden Puls, meine Schmetterlinge im Bauch, meine Gänsehaut, meine feuchten Lippen. Meine Energie, meine Zuversicht, mein Wohlbefinden, meine Freude. Ich will dich.

Und mit jeder deiner offenen Zukunftsvisionen von uns wird dieses Gefühl stärker. So stark, dass ich nicht anders kann, als beim Baden meine Hand langsam über meinen nassen Körper gleiten zu lassen, um deine Geschichte fortzusetzen. Diese Hand auf meinem Hals ist nicht meine. Diese Hand auf meiner Brust ist nicht meine. Diese Hand zwischen meinen Beinen ist nicht meine.

Später, als wir wieder texten, fasse ich den Mut, dir von der Fortsetzung deiner Szene zu erzählen. Nie war ich gleichzeitig so verlegen und so begeistert. Ich lasse kein Detail aus und erzähle dir genau wie sich meine Haut anfühlte und wie das Wasser klang, als ich mich langsam darin bewegte. Wie heiß es war und wie der Wasserdampf meinen Körper benetzte. Wie die Luft duftete und wie mein Atem klang, als er immer schneller wurde.

Ich mache es wie du und ende meine Geschichte hier. Zu gern wüsste ich, was du jetzt fühlst und wohin dich deine Gedanken tragen. Fühlst auch du deine Hand als meine?

Du scheinst sprachlos, weil du nur mit Halbsätzen und süßen Emojis antwortest. Ich spüre, dass ich dich aus der Fassung gebracht habe. Kein Wunder, denn ich bin ja selbst überrascht von mir. Überrascht, aber auch erleichtert und froh. Beflügelt. Frei. Ich will, dass auch du dich so fühlst.

„Elisa, ich denke, mit dir könnte ich wirklich glücklich werden.“