von Lena Kornherr
„I got the eye of the tiger, a fighter. Dancing through the fire. `Cause I am a champion, and you´re gonna hear me roar!“ Singend saß ich am nächsten Morgen kurz vor sieben Uhr in der Küche, um in Ruhe zu frühstücken. Meine Eltern hatten sich gerade auf den Weg zur Arbeit gemacht. Heute würde ich mit Frau Köll reden, das hatte ich mir fest vorgenommen. Sollte nicht allzu schwierig werden. Schließlich war meine Musiklehrerin die einzige Lehrkraft, mit der ich gut auskam, wenn nicht sogar die einzige Person der ich vertraute. Ich war eben etwas eigen was „Sozial-Zeugs“, wie ich es nannte, anging und brauchte eine Weile um jemanden zu vertrauen. Vielleicht war das auch einer der Gründe warum ich keine Freunde hatte. Aber daran wollte ich gerade nicht denken. Wenn alles gut ging, würde ich in wenigen Monaten in eine neue Schule kommen, mit einer hoffentlich netteren Klasse und einen kompletten Neustart wagen. In Gedanken versunken aß ich den letzten Bissen meines Brotes bevor ich aufstand, mein Geschirr abwusch und mir kurz die Zähne putzte. Mein Bus würde um 7:25 Uhr an der Haltestelle an der Ecke eintreffen, mir blieben also noch zehn Minuten, um endgültig fertig zu werden. Ich holte noch meinen Schulrucksack, schlüpfte in meine Lieblings-Sneaker, zog eine dünne Jeansjacke über und verließ das Haus. An der Bushaltestelle angekommen musste ich auch nicht mehr lange warten bis das große Gefährt um die Ecke bog. Die Fahrt verlief vergleichsweise ruhig, wenn man davon absah, dass eine Gruppe Jungs sich in der hintersten Reihe prügelte, sodass der Fahrer stehen bleiben und sie trennen musste. In der Schule angekommen ignorierte ich gekonnt ein paar gemeine Kommentare und gelangte ohne Zwischenfälle in mein Klassenzimmer. Als nach vier langweiligen Stunden (eine Doppelstunde Mathematik, Geschichte und Chemie) endlich Mittagspause war, verschwand ich sofort in Richtung Lehrerbüro. Etwas unsicher klopfte ich an. „Was machst du denn hier?“, waren die (nicht gerade freundlichen) Worte meines Englischlehrers als er mir die Tür öffnete. „Äh, ich würde gerne Frau Köll sprechen.“, erklärte ich ihn etwas schüchtern aber bestimmt. „Beate, so ne Tussi aus der 11c will was von dir!“, schrie er über seine Schulter hinweg in den großen Raum bevor er wieder verschwand. Wirklich ein reizender Herr. *Ironie* „Ah Myra, schön dich zu sehen. Was gibt´s?“ Frau Köll, eine große, mollige Frau mit kinnlangen schwarzen Haaren, lehnte im Türrahmen und lächelte mich freundlich an. „Also ich hätte da eine Frage, oder eher ein Anliegen, auf jeden Fall muss ich ihnen etwas erzählen. Sie kennen ja das Wolfgang Amadeus Mozart Privat-Gymnasium.“ Sie nickte. „Auf jeden Fall konnte ich gestern meine Eltern überzeugen mich dort anzumelden. Bei der Anmeldung muss man aber etwas vorspielen oder vorsingen um sicherzugehen, ob man auch wirklich geeignet ist und dabei bräuchte ich ihre Hilfe. Ich habe nämlich überhaupt keine Ahnung was ich singen soll und brauche während dem Üben jemanden der mich gegebenenfalls korrigiert oder Feedback gibt. Ich hatte noch nie Gesangsunterricht, es könnte also sein, dass sich schon einige Fehler eingeschlichen haben.“ Einen kurzen Moment sieht meine Lehrerin mich etwas ungläubig an, dann meinte sie: „Das ist wunderbar Myra! Natürlich helfe ich dir! Wie wäre es, wenn wir gleich morgen nach dem Unterricht anfangen?“ Lächelnd saß ich zehn Minuten später in der Kantine beim Mittagessen. Morgen würde es losgehen.
© Lena Kornherr 2024-09-20