von Marie Haxel
„Oh Gott, ich hab zu lange gebraucht, sie hat es nicht geschafft!“, schoss es ihm durch den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Sie war schließlich am Mittag noch eine Katze gewesen und 24 Stunden waren noch nicht um. Es war gerade mal 18:34 Uhr, bestätigte ihm seine Armbanduhr. Er umrundete das Haus, weit konnte sie ja nicht sein. Als er im Garten ankam, ahnte er, was passiert war. Die offene Terrassentür bestätigte seine Vermutung. Er hatte ihr zu lange gebraucht und sie hatte sich selbst hineingeschlichen. Was, wenn sein Vater sie erwischte? Er eilte zum Haus, um das Schlimmste zu verhindern. Zuerst sah er seinen Vater, der im Wohnzimmer auf und ab marschierte, einen Telefonhörer am Ohr. Dann sah er Felice, die sich an die weiße Wand drückte, als könnte ihr Kleid sie tarnen. Er bewegte sich genau auf sie zu und… „Papa, was gibt es denn heute zum Abendessen?“, rief Mirko, da es das erste war, das ihm einfiel. Er erzielte die gewünschte Wirkung, die Augen des Vaters wanderten blitzschnell zu ihm. „Ich telefoniere gerade“, zischte er. „Ich dachte nur, ich könnte schonmal den Tisch decken“, plapperte er weiter. Der Vater warf ihm einen bösen Blick zu und drehte sich wieder um. Mirko richtete seinen Blick zur Wand, wo Felice gestanden hatte und atmete erleichtert aus, als er sah, dass sie ihre Chance genutzt hatte. Er ging auf die Haustür zu, um nicht den gleichen Weg zur Garage zu wählen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Felice hastete die Treppe hoch, zwei Stufen auf einmal nehmend. Er fuchtelte wild herum, um ihr zu signalisieren, wieder herunterzukommen, doch sie achtete nicht auf ihn. Seufzend rannte er ihr hinterher und holte sie keuchend im Flur ein. „Warte doch mal! Ich habe den Spiegel. Lass uns verschwinden, bevor er dich doch noch sieht!“ Sie wirbelte zu ihm herum. „Du hast ihn? Gott sei Dank. Du hast so lange gebraucht, da dachte ich, du hast es dir anders überlegt und willst mir doch nicht helfen.“ Sie schwankte und er packte sie schnell, damit sie nicht umfiel. „Das war anstrengend“, keuchte Felice und ihre Lider flatterten. Sanft aber bestimmt nahm er sie an der Hand und zog sie hinter sich her zur Haustür. Genau in diesem Moment hörte er wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! Er stellte sich breitbeinig vor Felice und hoffte sie trotz seiner schlanken Figur zu verdecken. Seine Mutter steckte den Kopf zur Tür hinein, dicht gefolgt von Sally. „Ah hallo Mirko! Hilfst du mir beim Essen machen?“, begrüßte ihn die Mutter uns sah ihn direkt an. Sein Herz drohte ihm aus der Brust zu springen, so schnell schlug es. Jeden Moment würde sie Felice entdecken. „Klar, ich komm gleich!“, presste er hervor und sie lief tatsächlich einfach an ihm vorbei in die Küche. „Thomas, wir sind wieder da!“ Er nutzte die Gelegenheit und trat mit Felice durch die Haustür. „Das war knapp!“, rief Felice, ihre Wangen leuchteten vor Aufregung und Erschöpfung. Er zog sie hastig hinter sich her in die Garage, wo er den Spiegel auf sein Skateboard gelegt hatte. Max reichte ihr den Spiegel, und binnen Sekunden war sie verschwunden.
© Marie Haxel 2023-08-23