8 Reaktion eines Außenseiters

Robert Strasser

von Robert Strasser

Story

Mein Interesse an der Schule war sehr mäßig. Die Pflichtschule schloss ich mit vielen Vierer aber keinen Fünfer ab. Ab ging es ins Polytechnikum.

Die „Tante“ wollte sich von meinem Vater scheiden lassen. Sie waren sicher sechs bis siebenmal beim Scheidungsrichter, kamen aber immer unverrichteter Dinge zurück. Verstand ich nicht. Die Anwaltskosten mussten schon astronomische Höhen erreicht haben. Das Fußballspiel war immer noch meine große Leidenschaft. Bislang gab es immer noch Schläge. Es kam der Tag, wo ich dies nicht mehr hinnehmen wollte. Ich schwor mir, beim nächsten Mal, das Schlagen zu beenden. Es ist nicht möglich zu beschreiben, welchen Hass ich auf meinen Vater verspürte. Es gibt keine Worte dafür. Er brachte mich sogar so weit, dass ich begann, aus seiner Brieftasche Geld zu stehlen. Es waren immer 100,- öS. Ich brauchte das Geld nicht und so kam es vor, das ich es im Schnee steckte oder in der Erde vergrub. Das war meine Art, mich zu revanchieren oder mich ins Gedächtnis zu rufen. Als Mensch! Aber es sollte ein Ende haben. Der Tag kam, ein Pfiff, Fußball fertig! Ich betrat die Wohnung, mein Vater stand mit hochroten Kopf und schreiend vor mir. Er kam näher, ich wusste, was jetzt kommen würde. Noch im Ausholen sagte ich zu ihm: „Tu des net, du wirst mi nimma treffn!“ Kurz hielt er inne und stürzte auf mich zu. Es krachte und er lag auf den Boden. Ich hatte meinen Vater geschlagen. In diesen Moment rasten mir tausende Gedanken durch den Kopf. Was habe ich getan? Was passiert jetzt weiter? Er kann nicht zur Tagesordnung übergehen? Und so weiter. Er stand auf und sagte leise: „Pack deine Sachen, du verlässt sofort die Wohnung!“ Langsam bewegte ich mich in mein Zimmer, holte meine Sporttasche aus dem Kasten und begann zu packen. Er kam herein, sah die Sporttasche und meinte, die gehöre nicht mir, ich kann mir Plastiksackerl nehmen. Ich holte mir aus der Küche ein paar Plastiksackerl und packte weiter. Der Wohnungsschlüssel wurde mir abgenommen, er übergab mir meine Papiere und ich verließ mit ein paar Plastiksackerl die Wohnung. Ich war gerade fünfzehn Jahre alt.

130,- öS hatte ich einstecken, ich wusste nicht, wo ich hingehen sollte. Meine Großeltern waren keine Option. Sie lebten in einer Einzimmerwohnung. Ich wollte sie mit meinem Problem nicht belasten. Freunde hatte ich nur in meinem Alter, die lebten alle bei ihren Familien. So suchte ich mir eine billige Absteige. Am Gürtel fand ich den Hernalser Hof. Eigentlich war es ein Stundenhotel. Im Kellersouterrain hatten sie für diesen Zweck kleine Zimmer. Ich fragte den Portier, ob ich für eine Woche ein billiges Zimmer haben könnte. Er sah mich lange an und sagte dann: „Bist ausgrissn von Daham, wie oid bist den?“ meine Antwort war falsch, sie lautete: „Bin 18 und von daham auszogn.“ „Waunst mi auliagst, kriagst bei mir ka Zimma!“

„I bin 15 und von Daham aussegflogn.“ Er gab mir in diesen Keller ein Zimmer und verlangte 100,- öS für die Woche. Wie eine Zelle, ich wusste nicht mehr weiter.





© Robert Strasser 2020-10-02

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