8. Schwarzer Glücksbringer

SamanthaDark

von SamanthaDark

Story

Es sind seit jenem Ereignis bereits ein paar Wochen vergangen, doch noch immer kommt mir das ganze vor wie ein Traum. Daher ist es auch das erste Mal, dass ich jemandem erzähle, was sich an jenem verschneiten Winterabend zugetragen hat. Es war bereits spät in der Nacht und ich war auf dem Heimweg von Freunden. Die Uhr zeigte kurz vor Mitternacht und der Wind hatte ordentlich aufgefrischt und wehte mir Schnee ins Gesicht. Ich zog meinen Schal, ein buntes, selbst gestricktes Geschenk meiner Oma, über Mund und Nase und die ebenfalls selbst gestrickte Mütze tief ins Gesicht. Die Hände in den Taschen vergraben stapfte ich voran. Mein Heimweg dauerte üblicherweise eine Viertelstunde, doch bei Wind und Schnee kam ich deutlich langsamer voran. Die Kälte kroch mir in die Glieder, doch ich stapfte tapfer weiter. Der kürzeste Weg nach Hause führte mich quer durch einen großen Park. Normalerweise liebte ich dieses Stück des Weges egal zu welcher Uhrzeit. Doch heute hatte der Park etwas bedrohliches an sich. Ein Schauer überlief mich, nicht nur wegen der Kälte. Ich hatte ungefähr das erste Viertel des Weges hinter mir, als sich vor mir aus dem wirbelnden weiß eine Gestalt schälte. Ein leises Knurren grollte durch die Nacht und mein Herz schien für einen Augenblick auszusetzen.

Je näher die Gestalt kam, desto größer wurde sie und unheimliche Augen leuchteten mir aus dem Schatten zwischen den Laternen entgegen. Ich erstarrte und meine Gedanken begannen zu rasen. Vor mir stand ein großer, schwarzer Hund, eher ein Wolf. Doch er war deutlich größer, als jeder Wolf, den ich je im Zoo gesehen hatte. Wir standen an einer Weggabelung und das Tier blockierte den linken Weg, den ich eigentlich hatte nehmen wollen. Er stand nur da und schaute mich aus rotglühenden Augen an. Das Knurren hatte aufgehört. Die Geschichten meiner Oma von den Black Dogs kamen mir wieder in den Sinn. Todesboten, Höllendiener so hieß es über sie, doch meine Oma war der Meinung, dass sie uns vor drohendem Unheil warnen wollten. Ich atmete tief durch. „Willst du mich vor einer Gefahr warnen?“ Fragte ich. Er legte den Kopf leicht schräg und ich bildete mir ein leichtes Nicken ein. Langsam und vorsichtig machte ich ein paar Schritte in Richtung des rechten Weges. Das Tier rührte sich nicht, sah mich nur weiter aus rotglühenden Augen an. Schnell ging ich weiter und drehte mich immer wieder um. Die roten Augen folgten mir in einigem Abstand. Doch komischerweise hatte ich keine Angst mehr. Ohne einen weiteren Zwischenfall kam ich Zuhause an und fiel trotz meiner Aufregung sofort in einen tiefen Schlaf. Als ich am nächsten Tag auf meinem Handy die Nachrichten checkte, stockte mir der Atem. Im Park war die Leiche einer jungen Frau gefunden worden, offenbar ermordet. Es wurde ein Bild von einem Absperrband gezeigt und der Baum im Hintergrund kam mir bekannt vor. Er lag auf meinem eigentlichen Heimweg. Todeszeitpunkt, kurz nach Mitternacht. Mir wurde eiskalt, das hätte ich sein können.

© SamanthaDark 2022-08-23

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