A bsoffene Gschicht kommt selten allein!

Mary Modl

von Mary Modl

Story

Braven Kindern bringt der Nikolaus ein prall gefĂŒlltes Sackerl. Schlimmen Buberln und MĂ€derln hingegen gar nichts; außer seinen Gehilfen, den Krampus, bewaffnet mit Rute und rasselnden Ketten. Und mir brachte er 
 tja, wie soll ich es nur in Worte fassen 
 Zuwachs wĂŒrde ich als „die“ ideale Bezeichnung dafĂŒr erachten.

„Nikolo auf Bestellung“ – „Nikolaus-Service“ der örtlichen Pfadfindergruppe bei uns im Ort. Je nach Bedarf und Kind kann zum Nikolaus auch gleich ein passender Kramperl dazu bestellt werden. Ich orderte beide.

„
 lustig, lustig, trallallallalla, bald ist Nikolauhausabend da 
“ – mein fĂŒnfjĂ€hriger Benjamin war in seinem absoluten Nikolausvorfreudeelement. Es war Kramperltagabend und die geputzten Schuhe bereits am Fensterbrett platziert, als wir draußen ein Rasseln und Klopfen hörten.

„Ja wer kann denn das nur sein“, fragte der Opa scheinheilig, und die Oma setzte nach, „Ui, Benny, ich glaub da kommt ein ganz Besonderer!“

Die TĂŒr öffnete sich und eine mindestens 1.90cm große Nikolaus-Ausgabe trat erwĂŒrdigen Schrittes ein; gefolgt von einem etwas klein geraten Kramperl. Im selben Moment flitzte Benny unter den Tisch im Wohnzimmer und brĂŒllte: „Lasst’s den nicht rein! Der soll weggehen! Schickt’s den weg!“ Der Schreitirade folgte ein Bausteinklötzeregen in Richtung Nikolaus, der daraufhin die Flucht ergriff. Der Minikrampus stĂŒtzte dabei sogar im Vorzimmer und aus seinem Sack fielen viele rote Sackerl, die eilig vom Opa eingesammelt wurden. TĂŒr zu. Nikolaus weg. Kind brĂŒllte wie am Spieß. Die kleine Schwester saß geschockt mit aufgerissenen Augen im Hochstuhl. Nach einem kurzen Moment der Starre stimmte auch sie ihr ganz persönliches Schreikonzert an.

WĂ€hrend die Omi sich um die nikolausĂŒbersĂ€ttigten SchreihĂ€lse kĂŒmmerte, tat der Opa im Vorraum selbiges mit dem ebenfalls geschockten Nikolaus und dessen noch immer zitterndem Krampusgehilfen. Überall lagen die Nerven blank. Mein Vater holte drei GlĂ€ser und zwei Schnapserl nach draußen.

Nach etwa zwei Stunden war endgĂŒltige Ruhe bei meinen Kleinen eingekehrt. Sie schliefen. Draußen vor der TĂŒr – allerdings – waren der Opa und der mehr oder weniger Heilige mit seinem höllischen Kumpanen in bester Stimmung; und die SchnĂ€pse geleert. Gegen Mitternacht taumelten Nikolaus und Krampus Richtung ihrer durchaus irdischen WohnstĂ€tten.

Bevor er selbst zu Bett ging, machte mein Vater eine mehr als kryptisch wirkende Aussage: „Der Nikolaus stammt echt von mir ab. Zumindest was die bsoffene Gschicht angeht.“

Am nĂ€chsten Tag erfuhr ich von ihm, dass der falsche Heilige mein echter Neffe sei. Ein jugendlicher „Fehltritt“ meines Vaters nach einem Sportball; weit vor der Zeit mit meiner Mutter und in einem fĂŒr das Weinviertel typischen Zustand entstanden. Nun hatte ich nicht nur einen Halbbruder, sondern auch noch weitere drei Neffen, eine Nichte und eine SchwĂ€gerin.

Derartig vorweihnachtlich zwangsbeschenkt, brauchte ich gleich ein Schnapserl!

© Mary Modl 2019-12-05

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