von Silvia Peiker
Hier spukt es, ohne Zweifel! Oder lassen sich die nächtlichen Geräusche in Form von lauten Schritten und herzergreifendem Weinen im Kinderzimmer des neuen Heims der jungen Familie in einem aufstrebenden Londoner Stadtteil doch etwa rational erklären?
Der Hausherr Sam, der eben erst von seiner Kurzreise vom Channel Island of Sark zurückgekehrt ist, wo er für sein neuestes Buch mit dem launigen Titel Physics for Idiots recherchiert hat, bezweifelt die Existenz von Übernatürlichem vehement. Der Physiker, der sich der Wissenschaft verpflichtet fühlt, glaubt nicht an Geister, auch wenn seine hübsche Frau Jenny Nacht für Nacht pünktlich um 2:22 unheimliche Aktivitäten mithilfe des Babyphones belauscht.
Mitten in den Renovierungsarbeiten kommt Sams einstige attraktive Schulkollegin Lauren mit ihrem Freund Ben zum Abendessen. Und die Wogen gehen hoch, als sich der Handwerker Ben in der hitzig geführten Diskussion auf die Seite der verängstigten Gastgeberin schlägt und den Vorbesitzer des Hauses, Frank, als Unruhegeist vermutet. Doch weder die Psychologin Lauren noch der sarkastische Sam können Reinkarnation oder paranormalen Phänomenen etwas abgewinnen.
Plötzlich ist das Fenster des Kinderzimmers offen, die Heizung fällt aus und ein Teddybär geht in Flammen auf. Immer wieder streichen Füchse ums Haus und erschrecken sowohl die Schauspieler als auch das gebannte Publikum mit ihrem markerschütternden Geheul. Dem Ensemble des Vienna English Theaters gelingt es geistreich, die ohnehin angespannte Atmosphäre mit Wortwitz und überzeugendem Spiel in einen Strudel aus Suspense und Horror zu ziehen. Die Gemüter erhitzen sich nicht nur durch eine viktorianische Séance, bei der der Esstisch wie durch Geisterhand eindrucksvoll über die Bühne ruckelt, sondern auch durch Laurens alkoholgeschwängertes Geständnis, dass Sam schon immer ihre große Liebe gewesen sei.
Unerklärlich scheint der Spuk im anscheinend verwunschenen Haus zu sein und ich frage mich: Macht es nicht gerade den Reiz des Irrationalen aus, dass manche Rätsel ungelöst bleiben, der Schleier, der unsere Spukgestalten umhüllt, nicht gelüftet werden kann? Doch ich habe die Rechnung nicht mit dem britischen Komödienautor Danny Robins gemacht, der sein schauriges Kammerspiel mit einem gespenstischen Knalleffekt beendet.
Wer das Gruseln lernen möchte, der eile ins englische Theater!
Eigenes Foto: Bühnenbild von „A Ghost Story“
© Silvia Peiker 2025-05-04