A never ending story … (2)

Elisabeth Grosch-Waclowsky

von Elisabeth Grosch-Waclowsky

Story

4 Polizisten schoben mich in einen kargen Raum, ignorierten meinen Protest und begannen sogleich mit dem Verhör. Ich wurde mit Fragen ĂĽberschĂĽttet. Immer wieder wollte man ”names of Arabian friends“ wissen, wollte hören, welche arabischen Länder ich bisher bereist hatte. Man nannte Namen von Personen, die ich angeblich kennen sollte, doch egal, wie oft ich beteuerte, dass ich weder „Arabian friends“ habe, noch „Arabian countries“ besucht hatte, man glaubte mir nicht, sondern beharrte darauf, dass ich Tatsachen verschleiern wĂĽrde. Das Verhör zog sich wie Kaugummi in die Länge und meine Angst, unschuldig in einem Kerker zu verrotten, steigerte sich ins Unermessliche. Irgendwann schrie ich verzweifelt: „Verdammt nochmal! Warum behaupten Sie immer wieder, ich wĂĽrde etwas vertuschen?“ SĂĽffisant lächelnd richtete einer den Gewehrlauf auf mich: „Was will man denn sonst mit einem Pass, der gestern ausgestellt wurde und nur ein Jahr gĂĽltig ist? Ganz klar, dass man damit ALLES vertuschen will!“ “Oh my God!“, wimmerte ich. “Warum sagen Sie das nicht gleich…” … und erklärte heulend, dass ich erst nach Buchung meiner Reise registrierte, dass mein Pass in KĂĽrze ablaufen wĂĽrde. Im ReisebĂĽro riet man mir, einen 1-jährigen Ersatzpass zu beantragen, den ich am Tag vor Abflug abholen konnte.

Während ich aufgelöst schluchzte, verlieĂź ein Polizist nach dem anderen den Raum. Nach einer gefĂĽhlten Ewigkeit kam eine Dame, gab mir Pass und Koffer und druckste verlegen: „Have a nice time in Israel!“

Nice time? Nach diesem Horrorerlebnis? 3 Tassen Kaffee halfen mir, wieder klar denken zu können. Ich bestellte ein Taxi und erreichte um 4 Uhr nachts endlich das Hotel. Ich erkundete bei aufgehender Sonne die AuĂźenanlage und schlief erschöpft auf einer Liege am Ufer des Toten Meeres ein. “Welcome to Israel”, begrĂĽĂźte mich der Hotelarzt am Morgen und drĂĽckte mir einen Plan in die Hand mit wichtigen Hinweisen fĂĽr „Sonnen- und Salzbäder bei extrem geschädigter Haut”. Zwischen Salzstollen dösend, verarbeitete ich das Erlebnis vom Vortag und als ich am Abend Cocktail-nippend auf der Terrasse saĂź, die Landschaft und das Ambiente des Hotels genoss, war endlich alles wieder gut.

Am Nachbartisch feierten Israeli in ausgelassener Stimmung. Eine junge Frau sprach einen Toast aus auf einen älteren Herrn und prostete allen zu, auch mir. Ich erwiderte und sie winkte mich spontan an ihren Tisch, wo alle ein wenig zusammenrĂĽckten, um mir Platz zu machen. “What’s your name and where do you come from?“, fragte sie, als ich mich gesetzt hatte. Wohlwollende Blicke der Gäste waren auf mich gerichtet, doch als ich “Munich, Germany” antwortete, gefror deren Mimik. Es wurde still … totenstill … und plötzlich war da ein wehklagender Ruf des Jubilars. “Sorry”, flĂĽsterte mir die junge Frau zu. “Tom doesn’t want you …”. Ich nickte betroffen, stand auf. Jeder Millimeter meiner Haut begann zu toben, als ich verstört nach dem ZimmerschlĂĽssel in meiner Tasche kramte und wie in Trance zum Lift lief. Erst als sie sich erneut bei mir entschuldigte, registrierte ich, das mir die junge Frau gefolgt war. Sie fragte mich, ob ich Interesse habe, die Lebensgeschichte ihres GroĂźvaters zu lesen. Ich sagte ja … und die Hölle, die Tom im KZ in Dachau erlebte, erreichte mich am Toten Meer.

© Elisabeth Grosch-Waclowsky 2023-03-15