Abenteuer einmal anders gesehen

EvGre

von EvGre

Story

Wenn es einmal so herging und die Schule wollte nicht besucht werden, was gab es da Schöneres, als die Umgebung zu erforschen und Abenteuer zu erleben.

Zurzeit als ich Kind war, waren viele Flächen in Neukagran und Stadlau noch unverbaut, einfach richtige Gstättn. Da konnte man noch nach Herzenslust die Gegend durchforsten und so manches Abenteuer erleben. Ein Freizeitleben auf der Straße, wie wir es führten, ist heutzutage meistens nicht mehr üblich und oft auch von den Eltern nicht mehr erlaubt, was ich als sehr schade empfinde. Allein mein Schulweg, von der Tietzestraße beim Sportplatz damals ÖMV entlang der Erzherzog-Karl-Strasse Richtung Stadlau führte an einigen sehr abenteuerlichen Stätten vorbei.

Damals gab es die Unterführung unter der Bahn noch nicht. Die Züge fuhren noch auf der Ebene der Straße. Wenn ein Zug kam, wurde noch der Bahnschranken heruntergelassen, händisch mit einer Kurbel. Wenn man spät dran war auf dem Weg zur Schule und man am Bahnschranken warten musste (oder auch nicht), so war es eine gute Ausrede fürs zu spät kommen. Außerdem gab es Richtung Stadlau vorm Bahnübergang linker Hand, heute befindet sich dort eine Aufschüttung, ein Erdbunker noch aus dem 2. Weltkrieg. Der war für uns Mädchen und Burschen von großer Anziehungskraft. In seinen langen Gängen und Räumen haben wir dort so manche Stunden verbracht.

Soweit ich mich erinnere, war er nicht gemauert, sondern nur in die Erde gegraben, somit auch relativ gefährlich wegen der Einsturzgefahr. Dieser Umstand wurde von uns als zusätzliches Abenteuer gesehen und in Kauf genommen, vielleicht auch nicht darüber nachgedacht.

Ich kann heute noch das aufregende Gefühl spüren, das ich empfand, wenn wir uns in den Gängen oft nur mit dem winzigen Licht eines Feuerzeuges entlang tasteten. Zugegeben, die Angst war immer dabei, nicht unangenehm, viel mehr ein wohliger Schauer, der mich gefangen nahm, auf den ich auch nicht verzichten wollte, sonst wäre ich ja nicht so oft hineingegangen. Wie sah sie aus, die Stätte unserer geheimen Abenteuer? Lange Gänge, zumindest erschienen sie uns lange, da wir ja fast im Dunkeln hindurchgingen. Immer wieder mal ein kleiner aus der Erde geformter Raum. Was den Eingang betraf, so war er nicht gesichert und wurde von uns durch Zufall beim herumkraxeln auf der abschüssigen Bahn-Gstätten entdeckt. Wir trafen uns immer wieder dort, vielleicht um „Raum“ für uns zu haben. Wir waren ja alle in der Pubertät. Verbotenes zu tun, z.B rauchen, vielleicht ab und zu ein verschämtes Busserl auszutauschen und uns allein durch unsere Anwesenheit in diesem Bunker ein bisschen mehr erwachsen zu fühlen.

In diesem Alter weiß man oft nicht so genau, wo man hingehört. Kind ist man ja keines mehr, will auch keines mehr sein und das Erwachsen werden ist mühselig und dauert.

Man sitzt sozusagen zwischen zwei Stühlen und da war so ein kleines Abenteuer mit „Raum“ eine Hilfe am Weg.

© EvGre 2020-07-29

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