Mit der Spinnerin am Morgen kenn ich kein Pardon. Im Haus. Aber fast möcht ich glauben, dass es täglich die gleiche Spinne ist, die mir in der Früh aus der Dusche winkt. Jeden Tag so eine kleine, unscheinbare Spinne. Aber morgens bin ich gnadenlos, dreh die Dusche auf und spül sie weg. Vielleicht spül ich nicht lange genug, vielleicht sind diese Vielbeiner so enorm zäh, und ich ermorde allmorgendlich dasselbe Tier.
Jedenfalls brauch ich weder Kummer noch Sorgen, das kriegt die Spinnerin am Morgen halt zu spĂĽren. Draussen sinds ja sehr nĂĽtzliche Viecherln, aber herinnen brauch ichs nicht. Schon gar nicht in der FrĂĽh.
Und wenn ich die Dusche aufdreh, denk ich mir jedesmal, dass ich wohl einen ordentlichen Huscher hab. NatĂĽrlich glaub ich nicht wirklich dran, dass mir ausgerechnet die Spinne um neun Uhr vormittags Sorgen bereiten soll. Und dafĂĽr bringt mir dieselbe Spinne um 9 Uhr abends GlĂĽck und Gaben. Warum widerstrebt es mir dann, am Abend eine Spinne zu entsorgen? Warum lass ich die sich wohlig einrichten im KĂĽcheneckerl, aber falls ich sie dort in der FrĂĽh entdecke bin ich wieder unbarmherzig?
Aberglauben. Wer erfindet solche Redewendungen?
„Scherben bringen GlĂĽck.“ Also ich hab schon einiges zerbrochen, besonderes GlĂĽck danach wär mir noch nie aufgefallen. Und doch taucht da dieser Satz sofort in meinem Kopf auf, wenns scheppert.
Das mit der schwarzen Katze hab ich mir abgewöhnt. Da käm ich aus dem Unglücklichsein gar nimmer raus, wie oft mir nachts meine Miezen vor den Füssen herumrennen. Und nachts sind ja alle Katzen schwarz.
Salz verschütten. Oder gar einen Spiegel zerbrechen. Oh Göttin. Das heisst dann gleich sieben Jahre Pech. Na wenn ich schon mal sieben Jahre unerfreulich unterwegs bin, dann bleib ich wahrscheinlich ein Pechvogel. Oder ich werd erst gar keiner, weil das Ganze nämlich humbug ist.
„Ich drĂĽck dir die Daumen“. Das bringt zwar auch nichts, aber es hat schon was. Da denkt jemand positiv an mich. Und gute WĂĽnsche tun einfach gut.
Fällt das auch unter Aberglaube, Sylvester zum Beispiel? Oder die alljährliche TĂĽrbemalung „K+M+C“. Liegt da jetzt ein Segen ĂĽberm Haus, weil ein paar teilweise bemalte Kids ein Lied geträllert haben und die Begleittante mit der Kreide ein paar Buchstaben malt?
Also wenn da irgendwas dransein soll, dann liegt das einzig und allein daran, dass wir abergläubisch indroktirinert sind. Tatsächlich werd ich ärgerlich, wenn mir ein Rauchfangkehrer begegnet und ich hab keine Knopfbekleidung an. Da hätt ich mir doch was wünschen können, wie bei einer Sternschnuppe.
Immer wieder reagier ich so blöd. Hirn völlig ausgeschaltet, nur noch dieses „irgendwas ist ja vielleicht doch dran…“
Naja. Die abendlichen Spinnerinnen herinnen haben wieder mal GlĂĽck. Weil sie mir GlĂĽck und Gaben bringen. Nein – weil ich irgendwie dran glaube, dass sie…
© rebella-maria-biebel 2019-11-11