Aboriginal Art, Fire and Wisdom

friederike kommer

von friederike kommer

Story

Weihnachten 2020

“Die Männer kommen aus allen Richtungen von weit her zusammen und erzählen sich am Feuer Geschichten”. Das schrieb die zeitgenössische australische Künstlerin auf die Rückseite ihres dot paintings. Auf schwarz grundiertem Canvas hat sie erdfarbene Punkte um ein Zentrum gesetzt, dazwischen, strahlenförmig, gerade weiße Punktreihen für die Männer. Das Bild ging mir mit seiner Klarheit und einfachen Wahrheit zu Herzen. Ich kaufte es. Das ist schon lange her.

All die Jahre sind wir im Haus der Familie zu Weihnachten von nah und manchmal fern zusammen gekommen. Dann wurde im Kachelofen Feuer gemacht. Es gab ein gutes Weihnachtsessen und schöne Geschenke, und bis tief in die Nacht haben wir geredet und Karten gespielt. Ich habe das sehr gemocht. Es hat mir Leib und Seele gewärmt, und das ganze Jahr habe ich davon gezehrt.

Pandemie und Lockdown haben uns dieses Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir warteten auf die Ein- und Ausreisebestimmungen und haben um eine gemeinsame Lösung für Eltern und erwachsene Kinder gerungen. Zum Glück hatte meine Tochter diese geniale Idee: Feiern wir doch miteinander im Freien, mit Glühwein und Punsch. Das klang gut! In der frischen Luft würden wir vor den Coronaviren sicher sein. Ich war erleichtert.

Mein Sohn kam problemlos über die Grenze. Aus praktischen Gründen und Vorsicht haben wir zweimal gefeiert. Ein Teil der Familie hat sich am hl. Abend in Wien auf der Terrasse zusammen gefunden, während ich mit zoom in der warmen Stube meines Heims dabei war. Ich hatte geräuchert und als einzigen Schmuck eine Lichterkette aufgehängt. In Wien waren draußen Weihnachtskekse, Gugelhupf und Fingerfood aufgetischt. Es war ein milder Abend. Ich sah mit zoom die vertrauten Lichter von Rodaun und darüber den Mond.

Zwei Tage später, am Stephanitag, trafen wir uns in meinem Garten. Nach Sonnenuntergang war es schon winterlich kühl geworden. Eine Zeit lang wärmten uns unsere Freude, und der Glühwein auch. Dann holten wir Holz und den Feuerkorb. Das Feuer hüllte uns in Rauch und wärmte die steifen Glieder kaum. So richtig gemütlich ist es nicht geworden. Wir hielten Abstand und umarmten uns nicht. Bald löschten wir die Glut, meine lieben Gäste stiegen ins Auto. Sie fuhren nach Wien, und ich ging ins Haus.

Dann schickte mein Sohn zur Erinnerung an die Tage in Wien mit seinen Geschwistern und ihre gemeinsamen Unternehmungen seine wunderschönen Fotos. Bei diesen Bildern tat mir das Herz noch mehr weh. So traurig und schmerzlich habe ich die Trennung noch nie empfunden. Ich bin froh, dass ich schon heute darüber schreiben kann.

Dem Kunstwerk der australischen Ureinwohnerin gebe ich endlich in meinem Haus, in der Essecke einen würdigen Platz. Das Bild ist quadratisch, erdig und zentriert. Es baut eine Brücke über Zeit und Raum und hält mir, während ich von meinen Lieben getrennt bin, das Herz zusammen.

foto weihnachtsfeuer 2020 fk.

© friederike kommer 2020-12-30

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