Es ist der 2. März 2021 und ich kann es einfach nicht fassen – du bist tot! Du, mein Neffe, bist doch nur drei Jahre jünger als ich! Dieser scheußliche Krebs! Warum gerade du?
Vor fast vier Jahren begann dieses “Tauziehen”.
Die Diagnose “Zungenbodenkrebs” traf mich wie eine Keule. Doch du und deine Ingrid, ihr habt euch nicht entmutigen lassen! Trotz Bestrahlungen, Chemotherapien und Operationen ergriff dieses Ungetüm weiter Besitz von dir! Magensonde, Tracheostoma sind die letzten Eingriffe in deine Würde/in dein Leben.
Deinen irdischen Lebensweg hast du beendet und ich blicke nun mit Wehmut, aber auch mit großer Dankbarkeit auf die bleibenden Erinnerungen zurück.
“Tante dum….Tante dum” so riefst du mich zu dir. Doch ich als Tante bin doch nicht dumm! Aber dass du mit eineinhalb Jahren kein “K” sprechen konntest, war mir mit viereinhalb nicht klar.
Das Fotoshooting der Hochzeit deines Onkels mütterlicherseits stellten wir mit großem Enthusiasmus immer wieder nach. Einmal ich als Braut und dann du. Du in Lederhose mit Schleier und Brautstrauß. So huldvoll schrittst du die Dachbodenstiege herunter.
Weitere Erinnerungen sind herrliche Zeiten am Wallersee. Einmal als du an der Reihe warst die Milch vom Bauer zu holen, schliefst du bei einer “kurzen Rast” auf der Wiese im Sonnenschein ein. Oder unsere tollen Bauwerke: Zelte aus Liegestühlen bzw. das Ruderboot umfunktioniert zur “Jacht’”. Alles sehr filigran gebaut, wurde von deiner Schwester mit einem Ruck zerstört und wir beide “schworen” ihr Rache. Doch dieses “Biest” lief kreischend zu Oma und Opa.
Beim Schifahren im Winter bereitete es uns riesigen Spaß diejenigen, die beim Lift hinausfielen, mit den Worten “Habt ihr nur bis hierher gezahlt?” zu ärgern. Besonders lustig ist mir in Erinnerung, wenn wir mit Plastiksackerl über “die Leiten” rutschten und total durchnässt heimkamen.
Eines Tages vergaßen wir deine Schwester im Wald beim Indianerspielen. Die Standpauke, die wir erhielten, schweißte uns nur noch mehr zusammen.
Ich beneidete dich etwas, wenn du mit meinem Vati die Schwammerl suchen durftest und ich mit meiner Mutti und deiner Schwester zum Beerenpflücken “ausrücken” musste.
Dein Erwachsen-werden mit dem Eintritt in die Arbeitswelt und meine Zeit der Familiengründung, war die Zeit, in der wir uns nur wenig sahen oder hörten. Erst mit den Jahren kehrten die Gemeinsamkeiten zurück.
Deine humorvolle, gesellige und witzige Art war immer eine Bereicherung auf jedem Fest. Egal ob Geburtstag, Familientreffen oder Sommerfest.
Es ging dir gut.So ließ der vergangene Sommer die Hoffnung keimen, dass der Krebs besiegt wäre. Welchen Spaß hatten wir daher bei dem Familienausflug mit Traktorfahrt, Bauerngolfen und anschließender Siegerehrung!
Doch nun muss ich schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass Gott dich zu ihm holte als er sah, dass dein Lebensweg zu beschwerlich wurde.
Aber all das Erlebte, bleibt für mich als wundervolle Erinnerung an dich erhalten.
© Elisabeth Schmitzberger 2021-03-08