ABSCHIED UND NEUBEGINN

Nina Hrusa

von Nina Hrusa

Story

Neuanfang. Seit meinem letzten Beitrag sind viele Monate vergangen. Monate, in denen so viel passiert ist, dass ich erneut ein ganzes Buch mit all den Erlebnissen füllen könnte. Doch um die geht es nicht.

Es geht einmal mehr um einen Abschied. Zwar nur einen temporären aber es ist ein Abschied, der nicht nur mich verändern wird. Ein Abschied, der eigentlich ein Neubeginn ist. Der Neubeginn eines neuen Lebensabschnittes.

Vor ein paar Stunden haben wir uns das letzte Mal umarmt. Es ist zwar nur für 3 Wochen und obgleich meines Wissens, dass Zeit nur eine pure Illusion unseres Egos ist, kommen mir „3 Wochen“ wie eine halbe Ewigkeit vor. „Ich hab dich lieb“ hab ich noch mit erstickter, kranker Stimme gesagt. Hab mich zusammengerissen und mich bemüht, nicht loszuweinen. Ich geb’s zu. Jetzt schaffe ich’s nicht. Während ich diese Zeilen schreibe, rinnen mir die Tränen nur so übers Gesicht.

„Bitte bleib! Ich will nicht dass du gehst!“ schreit lauthals das kindliche Ego in mir. Das erwachsene Herz aber weiß: du musst. Es ist nun Zeit. Zeit, dass du wieder lebst. Zeit, dass du deinen (eigenen) Weg gehst. Und für mich Zeit, dass ich dich gehen lasse.

Es sind nur 4,5 Autostunden. Das ist nicht die Welt. Aber was, wenn ich wieder so krank wie jetzt zuhause im Bett liege. Wer wird dann für mich sorgen und mich fragen „brauchst du etwas? Soll ich dir was einkaufen? Brauchst du etwas aus der Apotheke? Soll ich dir eine Hühnersuppe kochen?“ 4,5 Autostunden, die für rasche Hilfe viel zu lange sind.

Ich dachte ich kann es. Ich dachte wirklich, ich bin mit meinen 30 Jahren erwachsen genug um den Umzug wegzustecken. Vielleicht könnte ich es auch, wenn ich nicht mit Grippe und Kehlkopfentzündung im Bett liegen würde. Die ganze Woche habe ich mich gefragt was die Ursache dafür ist. Jetzt weiß ich es. Der innere Konflikt mit mir selbst. Auch die Sache von vor ein paar Wochen macht jetzt Sinn. Es waren doch unterdrückte Gefühle. Die angestauten Tränen meines inneren Kindes, das plötzlich das Gefühl hat, die Mutter zu verlieren. Also nein, ich könnte es nicht einfach so wegstecken. Denn jede Krankheit hat letztendlich eine seelische Ursache.

Seit Jahren weiß ich, dass dieser Tag eines Tages kommen wird. Habe es irgendwie immer gespürt. Seit ein paar Monaten habe ich Gewissheit. Dieser Tag. Obwohl er die letzen Monate konstant Thema in unserer Familie war, war er zugleich so unglaublich weit weg. War immer „Zukunft“. Und plötzlich ist er Gegenwart.

Mir ist bewusst, dass ich mich gerade in mein selbst auferlegtes „Leid“ hineinsteigere und dem Schmerzkörper damit die ideale Nahrungsquelle liefere. Gefräßiges Biest. Letztendlich ändert sich mit dem Umzug kaum etwas. Das innere Kind in mir weint trotzdem. Und ich mit ihm. Weil es sich nach Nähe sehnt. Nähe und Geborgenheit. Und einer Liebe, die einem nur die eigene Mama geben kann. Speziell, wenn man krank im Bett liegt. In mancherlei Hinsicht wird man vielleicht nie erwachsen. Aber vielleicht ist das auch ganz gut so.

© Nina Hrusa 2020-01-30