Abschied und Neubeginn

Schnell drehe ich mich weg. Er schraubt das Bett auseinander und trägt es weg. Das möchte ich nicht sehen. Er nimmt die Erinnerungen mit hinaus. Wie wohltuend. Mein Blick fällt auf einen anderen Gegenstand, unwillkürlich zuckt ein Lächeln über meine Lippen. Eine Hand ausgestreckt weise ich jemanden in Richtung Keller, fasse mit der anderen die Schlaufen meiner Badetasche, die bereit ist zum umsiedeln in den Van.

Der Van nimmt fast die gesamte Breite des Weges ein, den wir seit fast 20 Jahren auf- und ablaufen. Schnell schlüpfe ich in die Schiebetür, während die alte Waschmaschine aus dem Keller in einem anderen Auto verschwindet. Fröhlich-melancholisch ist die Stimmung an diesem Tag. Freunde, ehemalige Kollegen und die Nachbarn strömen ins Haus, schauen nach letzten verbliebenen Dingen, die noch mitgenommen werden dürfen.

Alles andere ist bereits untergekommen. Ein Pferdeanhänger voll Möbel und Erinnerungsstücken bei meiner Schwester, Kleidung in der Kita-Verkleidungskiste einer Freundin, eine andere findet Gefallen an restlichen Spielsachen meiner erwachsenen Kinder und dem Porzellanhuhn im zersprungenen Blumenkübel. So geht es seit Wochen. Rein und raus werden Sachen geschleppt, verteilt, neu aufgepeppt. Sachen, die ich nicht mehr brauchen werde. Sachen, die Geschichten erzählen, Geschichten aus meinem 60-jährigen Leben. Fotoalben landen in einem anderen Keller, genauso wie Akten, Urkunden, Zeugnisse. Alles nicht mehr von großer Bedeutung. Außer den Kinderbriefen, Schulheften, Basteleien und Babykleidern. Mein Teddybär macht es mir ebenfalls schwer.

Sportgeräte und Nützliches finden über Anzeigen neue Interessenten, freudig lachend verlassen sie mit ihren Geschenken das Haus. Mein Haus. Wir haben zu viert, zu fünft, zu dritt, zu zweit darin gelebt, geliebt, gelacht, gekämpft, geweint, gearbeitet, gepflanzt, getobt, getanzt. Zuletzt alles allein. Nun ziehen die Neuen ein, es fühlt sich wunderbar an. Generationenwechsel. Sie sind jung, fröhlich, mutig und bereits zu dritt. Sie bringen alles wieder in Ordnung. Sie mischen sich unter die Gäste und werden von allen freundlich begrüßt. Es fühlt sich gut und richtig an, alles.

Die lieben Menschen, die zu meinem Abschied gekommen sind, bringen liebevoll bedachte Geschenke mit, die in mein neues Zuhause passen sollen: Briefe, Miniaturen, Schutzengel, Essbares, lauter Glücklichmacher. Sie finden ihre Plätze, bevor die Kameras klicken. Mit Tränen in den Augen stehen meine Söhne und ich, die Arme umeinander gelegt, ein letztes Mal vor unserer Haustür. Dann überlasse ich allen das Feld, schaue hinten im Van nach meiner Katze, die das Szenario noch etwas verwunderlich findet, gurte die Hündin an, starte den Motor und rolle winkend den Weg hinab. Rolle laut hupend in mein neues Leben. In einen spannenden Abschnitt, von dem ich nur vage erahnen kann, was er für mich bereithält. Mit zunehmendem Abstand von meiner Heimat wächst die Neugier auf alles, was vor mir liegt.

Auf dem ersten Campingplatz am Rhein plöppt eine Nachricht auf. Es ist das Foto vom Porzellanhuhn. Es sitzt drei Kilometer von mir entfernt aufpoliert und stolz auf einem Gartenzaun…