von Hannes Zeisler
heißt ein Roman von Frank Thieß, einem meiner Lieblingsschriftsteller. Er hat mich vor allem durch die psychologische Aufbereitung seiner Darsteller fasziniert. Bekannte Romane sind Tsushima, Der Weg zu Isabelle oder Caruso in Sorrent.
Im zitierten Roman klingt Melodie und Traum der Kindheit durch, die Schwermut ihres unaufhaltsamen Entgleitens. Der Schmerz scheuer erster Liebe, über der noch ein Abglanz des Paradieses liegt! Aus meiner Erinnerung heraus nun meine sehr persönliche, vielleicht die emotionalste Geschichte.
Meine Mutter und ich saßen eines Tages allein in unserer Küche, als es an der Tür klopfte. Auf unser “Herein!” betrat ein ganz bezauberndes Geschöpf den Raum: Gerti H., die Freundin meines Bruders Sepp, naturblond, lange Zöpfe und wunderbare blaue Augen. Sie sah sich kurz im Raum um und fragte: “Ist der Joschi (so nannten ihn viele Freunde) da?” Meine Mutter darauf: “Na, der is in Wean bei da Polizei.” Gerti konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen und sagte zu mir, als sie uns gleich wieder verließ: “Begleitest du mich ein Stück?” Der Aufforderung kam ich, etwas verwundert, gerne nach. Als wir eine Weile stillschweigend unterwegs waren, blieb sie plötzlich stehen, legte ihre beiden Hände auf meine Schultern, sah mich mit einem freundlichen Lächeln an und meinte: “Dir werden einmal die Mädchen nachlaufen!” Es war nicht so schlimm – aber davongelaufen sind sie auch nicht!
Einmal spielte Gerti H. noch eine Rolle in meinem Leben. Als der Sohn unseres Taufpaten heiratete, verkleidete ich mich als Maschkerer: blonde Perücke mit Zöpfen, natürlich Gesichtsmaske und sexy Figur! Alle Burschen wollten mit mir tanzen in der Meinung, ich sei Gerti H.. Große Enttäuschung bei der Demaskierung!
Eines Tages lernte ich Gerti W. kennen. Bei einem Abendspaziergang merkte ich 15-Jähriger, dass meine Gefühlswelt ziemlich durcheinander geriet. Ihr hübsches Gesicht, umrahmt von blonden Locken, ein roter Netzpullover, der ihre Weiblichkeit besonders hervorhob, und eine angenehme Stimme nahmen mich gefangen. Als wir an einer Bank vorbeikamen, setzte ich mich hin, um mit meinem Durcheinander ins Reine zu kommen. Gerti, um fünf Jahre älter und um Jahre an Erfahrung voraus, stand vor mir, blickte mich verständnisvoll an beugte sich zu mir nieder und flüsterte: “Brennt ’s Herz?” Ich konnte nichts antworten, weil diese Gefühle der Zuneigung für mich völlig fremd waren! Ich hatte mich erstmals verliebt! Unsere Wege trennten sich, ein kurzer Briefwechsel war alles.
Bei einem Kränzchen lernte ich Gerti G. kennen. Inzwischen war ich 17 und schon ein wenig reifer. Als ich sie nach Hause begleitete und wir unter der Laterne vor dem Haus standen, bemerkte ich, dass einige Tränen über ihre Wangen kollerten. Sie hatte sich in mich verliebt und auch ich stellte fest, dass sie mir nicht ganz gleichgültig war. Ich schrieb meine ersten Liebesbriefe. Ein Aus nach zwei Jahren! Sie hatte sich verändert, als sie von Wien zurückkam.
© Hannes Zeisler 2022-11-19