Abschied von einem Wunsch

Fräulein Zimtstern

von Fräulein Zimtstern

Story

Das Gefühl Dir gegenüber zu sitzen, zum erstenmal. Dein Gesicht zu lesen, Deine Haut zu riechen. Wie rot Deine Wangen vor Aufregung sind. Ich sauge jedes Deiner Wörter auf, horche auf jedes Räuspern, Grinsen… alles kann ich hören. Du hast wunderschöne Hände, sie umklammern Deinen Kaffee. Vorsichtiges näher rücken Deines Stuhls, die Sonne strahlt in Dein Gesicht. Ich würde so gern einen Spaziergang mit Dir machen, doch Du musst weiter. Die folgenden Tage werden für mich unerträglich. Du bist nicht da, verbringst Silvester im Skiurlaub. Alles schon lang geplant, ja. Wer hätte damit rechnen können, dass wir uns begegegnen? Doch was ist mit diesem Gefühl? Was ist mit meinem Herzen, dass mir sagt, etwas stimmt nicht? Soll ich darauf hören? Und nun? Wo ich weiß, dass Du eine andere Frau bei Dir hast? Was nun? Was wird aus meinem Wunsch? Dem Wunsch nach Liebe, Wärme, Vertrauen und Beziehung? Es schmerzt in meinem Herzen zu erfahren, dass eine andere Frau die Nächte mit Dir verbringt. Und noch mehr, dass ich denselben Wunsch habe, dies zu tun. Nur eine Bekannte. Deine Erklärungen geben mir Hoffnung. Oder will ich nicht sehen, was gerade passiert? Die Freude, Dich zu sehen, überwiegt die Skepsis. So wunderbar sind Deine Arme, so warm Deine Brust. So liebevoll Deine Hand in meinem Haar. Doch dann die Wahrheit, auf nichts möchtest Du Dich einlassen, weichst aus, willst keine Beziehung. Und der Kontakt zu Deiner Exfreundin ist doch nicht eingestellt, sondern aktiv. Ich spüre, sie will Dich zurück, will sich zwischen uns stellen. Doch Du verneinst. Unvergessen Dein kühler Blick. Keine Wärme mehr in Deinen Worten. “Du siehst nur schwarz oder weiß. Ich lasse mich nicht einsperren. Will mich treffen mit Frauen, ohne Reue, ohne Drama.” Hättest Du mich nur einmal angehört, mich wirklich gesehen, richtig gesehen. Du hättest verstanden, dass ich spürte, was unausweichlich folgte. Ein Abendessen mit der Ex, das Verlangen nach Sex. der Anfang allen Leids, das Ende aller Freud. “Lass mich doch los und schau was dann geschieht.” Fassungslos schaue ich Dich an. Tränen rinnen, meine Lippen erröten, meine Hände zittern. Ja. Das will ich tun. Ich lasse Dich los. Ich nehme Abschied. Abschied von meiner Liebe zu dem Mann, dem ich mein Herz schenken wollte. Der meine Seele berührte und wärmte und doch verletzte, von dem, den ich verstehen wollte und nicht durfte. Den ich halten und berühren vermochte, der sich aus meinen Umarmungen gewunden und befreien musste. Von dem Mann, der meinen Küssen auswich und sie nicht erwiderte, der sich nicht zu mir herunterbeugte, wenn ich seine Lippen schmecken, seinen Atem riechen mochte. Lebe wohl Du Mensch ohne Halt. Ich fahre zerrissen und verzweifelt. Und nun stehe ich hier am See, schliesse die Augen, breite die Arme aus, lege den Kopf in den Nacken, spüre die Sonne auf meiner Haut und lächel. Und plötzlich bin ich die, die sich erleichtert und glücklich fühlt.

© Fräulein Zimtstern 2022-03-16

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