Academy of Magic Arts (26)

Warum kann mein Gehirn nicht einfach erkennen, dass etwas ein Gedanke war, bevor mein Mund antwortet?! Das muss ich dringend üben. Das, und mich abzuschirmen. Und das gezielte Gedankenlesen. Und, und, und … Bevor Timo noch irgendetwas sagen kann, gebe ich ein rasches „Tschüss dann“ von mir, drehe mich auf dem Absatz um und renne zu Miri, die ein wenig abseits steht und mich zerknirscht ansieht. „Tut mir …“ Doch ich lasse sie nicht ausreden, sondern packe sie am Arm und ziehe sie mit mir. Erst einmal weg von hier. Ich habe das Gefühl, Timo schaut uns immer noch nach.

Nach der letzten Stunde stehe ich noch vor meinem Schließfach um das Deutschbuch hinein zu tun und warte auf Miri, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippt. Ich drehe mich um und sehe die ausgestreckte Hand von Timo vor mir. Dort liegen zwei zusammengefaltete Zettel, die er in meine Hand fallen lässt, nachdem ich sie ihm ebenfalls entgegengestreckt habe. Dann dreht er sich auf dem Absatz um und verschwindet zwischen den Schülern. Verdutzt schüttele ich den Kopf und sehe die Zettel genauer an. Warum sind es den zwei? Auf dem einen steht Miris Name, auf dem anderen meiner. Okaaay? Was soll das jetzt? Die Nachricht an meine Freundin in der geschlossenen Faust behaltend, falte ich den an mich gerichteten auf. Dort steht:

Hallo Melina, ich muss dir unbedingt etwas zu deiner Gabe erzählen. Komm dazu bitte morgen um 15 Uhr zu Karolas-Kruschkram-Kiste. Es ist wirklich wichtig und erzähl bitte niemandem davon, auch nicht Miri! Timo.

Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder? Timo hat bemerkt, dass ich seine Gedanken gelesen habe und will morgen mit mir darüber reden? Heißt das, er weiß mehr darüber? Aber wieso darf ich Miri nicht davon erzählen? Ich weiß nicht genau, was ich davon halten soll, beschließe aber, es vorerst für mich zu behalten und abzuwarten, was passiert. Dann konnte ich es meiner Freundin ja immer noch erzählen. Apropos Miri, die kommt gerade auf mich zu und beschwert sich lautstark über die vielen Hausaufgaben, die der Lehrer ihnen aufgegeben hat. Ich unterbreche sie, indem ich mit dem Zettel winke und ihn ihr in die Hand drücke. Miri sieht mich aufgeregt an und liest den kurzen Text:

Hallo M., Morgen habe ich leider keine Zeit. Aber wie wäre es am Donnerstag? Dein Timo.

Für einen kurzen Moment zuckt mir der Gedanke durch den Kopf, ob es gut sein kann, dass Timo offenbar ein Treffen mit mir einem mit Miri vorzieht, immerhin schreibt er ihr, dass er morgen keine Zeit hat. Und das, weil er sich da mit mir treffen will. Aber ich beschäftige mich nicht allzu lange damit, da Miris Aufregung ansteckend ist und wir die ganze Heimfahrt darauf verwenden, zu überlegen, was sie anziehen kann.

Am Abend liege ich auf meinem Bett und rufe Oma an. Ich habe ihr noch gar nicht von Giulia erzählt. Das hole ich aber nun nach. Meine Großmutter reagiert genauso, wie ich es erwartet habe: „Oooh, Melina, das ist toll! Es gibt also wirklich noch andere, ich wusste es!“