Achtung, Affengeist!

Schon so hell? Wieso? Wo der Wecker? Verschlafen! Ach, gut, Sonntag. Nachrichten? Nee. Akku fast leer. Soll – wieso hat Isa nicht geschrieben? Moment, ihr Handy ist kaputt. Ben hat es durch die Gegend geworfen, wollte ein Selfie machen. Selfies sind so überflüssig – ob er wirklich in einem Café in Mexiko drei Stunden als Geisel genommen – Reisen kann gefährlich – sollte ich ein Auslandsjahr – aber das Geld ist knapp. Wann muss ich nochmal arbeiten diese – hoffentlich nicht am Tag vor der Klausur – wann soll ich dann lernen – Hilfe, ich muss die Übung noch abgeben! Soll ich Isa fragen, ob sie – hat es gerade geraschelt? Hoffentlich keine Mäuse. Hätte gerne eine Katze, aber mit einem Haustier … da war doch was! Eine Pfote, pelzig, ein Tier, ein – Affe? Was macht ein Affe in meinem Zimmer? Zoo-Ausbruch? Gefährlich, bissig? Will keine Tollwut, muss schnell hier raus, ihn einsperren. Wer ist dafür zuständig?

„Warte!“

Wer hat da geredet?

„Ich rede mit dir!“

Aber da ist nur der Affe.

„Hör mir zu!“

Unmöglich, dass Tier spricht!!! Traum? Halluzination?

„Vielleicht sollte ich gar nicht mit dir reden, es verwirrt dich.“

Liegt das an einer Genmanipulation? Tierversuche vielleicht. Aus dem Labor abgehauen? Jetzt rast er hin und her und redet wirres Zeug, kann ihm gar nicht folgen.

„Ich bin dein Affengeist!“

Was ist denn das? Handy klingelt. Nein, ich muss jetzt über den Affengeist nachdenken, keine Zeit zu telefonieren. Wer ist denn dran? Meine Schwester, die heilige Susi. Na toll. Predigt immer, man müsse mehr meditieren und weniger nachdenken. Ist so ein Buddhismus- und Yoga-Freak. Aber ich muss nachdenken, wie soll ich denn sonst den Affengeist hier vertreiben? Irgendwas zu Susi sagen.

Ihre Antwort: „Du bist echt so verpeilt. Du solltest echt mal was gegen deinen Affengeist tun.“

Typisch Susi, sie – was?! Hat sie gerade den Affengeist erwähnt?

„Hä, du kennst den Affengeist?“, frage ich. Sie labert was von dem buddhistischen Ratgeber, den sie mir einmal zum Geburtstag geschenkt hat. Noch nicht gelesen, bin zu beschäftigt. Aber was, wenn – aha, hier!

Der Ratgeber sagt: Der Affengeist ist eine Metapher. Unser Geist ist wie ein Affe, der auf der Suche nach der süßesten Frucht von Baum zu Baum springt und dabei nie findet, was er sucht. So springen auch unsere Gedanken ungeordnet umher.

Nicht zu fassen! Meditation hilft angeblich. Aber wieso soll gerade ich ihn weg-meditieren? Muss ich dann ein Meditationskissen und Räucherstäbchen kaufen und überlegen, was ich alles loslassen und zulassen kann? Dann behalte ich lieber den Affengeist – und hab meine Ruhe!