Welch bittere Erkenntnis für Wolfgang, den – höchst erfolgreichen – Paartherapeuten: In SEINER Partnerschaft ist er mit seinem Latein (wieder mal) am Ende … „Nonverbal sind wir ein Traumpaar“, hat seine Caroline noch im Weggehen bekräftigt, „aber im verbalen Austausch klappt´s mit uns einfach nicht …“
Beide haben viele psychologische Ausbildungen und Trainings absolviert, sie sind reflektiert, können – anderen – verständnisvollst zuhören, behutsame Ratschläge geben. Aber in ihrer Beziehung vermag ein einziges „blödes“ Wort, ein „nicht nachvollziehbares“ Verhalten, einen Flächenbrand des Unverständnisses und der Empörung auszulösen, sodass sich das Paar-Firmament nachhaltig eintrübt.
„Sie drückt sämtliche Knöpfe bei mir“, bekennt Wolfgang, „und ich drücke ebenso ihre …“
Der Eine wird dann laut, die Andere still. Beide wenden sich – mimosenhaft – von einander ab. Obwohl sie sich – beide! – nach nichts mehr als Nähe, Geborgenheit und liebevoller Umarmung sehnen.
„Lass uns mal wieder unsere Termine abstimmen“, lautet ihre Einladung, die er gerne annimmt. Leider äußert sie den Nachsatz: „Damit ich nicht wieder alles allein erledigen muss …“ – Wie bitte, denkt er bei sich, ich bin doch rund um die Uhr für sie da; was will diese Zicke?!?
Die weitere Terminabgleichung wird zum Debakel …
Die beiden erholen sich – und machen eine Bootsfahrt. Sie deutet auf ein Fischerboot am Horizont. „Siehst du den? Wir sollten einen großen Bogen um ihn machen …“ – Ja, er könnte nun sagen: „Danke, Schatz, gute Anregung!“ Stattdessen fühlt er sich „bevormundet“, wie damals als Kind, als ihm Mama nichts zutraute … „Hältst du mich für einen Vollwappler? Den Angler hab ich doch längst registriert – und außerdem gehört ihm der See nicht allein …“
Tja, nach diesem Statement können auch die Sonne und der blaue Himmel die Stimmung nicht mehr retten … Und selbst drei Tage später findet die von ihm akribisch ausgewählte Abend-Ausgeh-Location nur ihre kalt-bittere Ablehnung.
Welches Paar kennt solche „Missverständnisse“ nicht?! – Man wundert sich, dass Kommunikation hin und wieder tatsächlich gelingt. Und A genau das versteht, was B gemeint hat. Eine feine Ausnahme!
Worte werden – siehe Wahlkampf, aber eben nicht nur dort – als „strategische Waffen“ verwendet. Sie werden zum Angriff, zur Abwehr gebraucht; zum Ver-Urteilen, Anklagen, Zurechtweisen, Kritisieren, Beleidigen; leider auch gerne für Zynismus und bitteren Sarkasmus.
Wo ist der Beipackzettel für unsere Sprache: „Achtung, Verletzungsgefahr!“
Schaffen wir´s, Worte auch mal wieder dazu zu verwenden, um das Wahre, Schöne und Gute auszudrücken? Das DU wohlwollend zu würdigen?
Wir könnten einander FÖRDERN, wertschätzen, loben, motivieren, bestärken.
Wir könnten aber auch weniger dozieren, uns selbst darstellen und in endlosen Wort-Fluten die Welt erklären.
Wir könnten öfter schweigen – einander anlächeln und ganz zart, achtsam und liebevoll über die Finger streicheln …
© Manfred Greisinger 2019-08-02