von JanGroenhain
AEG: Wer kennt diese drei Buchstaben nicht? Die stehen seit über 100 Jahren für Haushaltsgeräte. „AEG“ bedeutete „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“. In den 1970er Jahren wurde in der Werbung daraus „AUS ERFAHRUNG GUT“. Eine Marke mit gutem Ruf. Da spielt es kaum eine Rolle, dass AEG heute Teil eines schwedischen Konzerns ist und nicht mehr in Deutschland produziert.
Früher waren Haushaltsgeräte simpel aufgebaut, Mechanik ohne Klimbim. Reparaturen waren einfach. Heute ist das oft unmöglich, bei dem vielen elektronischen Zeugs im Inneren. Viele Funktionen sind so over-engineered, dass eine komplexe Software notwendig ist. Und wir wissen, dass keine Software auf der Welt fehlerfrei ist. Oder mein PC. Der stottert manchmal, tut nicht, was er soll. Eine Anwendung reagiert nicht oder eine Seite friert ein. Er führt Befehle nicht aus, auch wenn die nicht scharf sind. Was mach’ ich dann? AEG! Ausschalten, Einschalten, Geht wieder! Kaltstart! Oft funktioniert das. Auch beim unentbehrlichen Handy passiert so was. AEG und geht.
Vor einigen Wochen zog ein neues TV-Gerät bei uns ein. Ganz modern, flach, fast randlos. Aber nicht ganz groß, denn im Wohnzimmer genießen Bücher das Aufmerksamkeitsvorrecht. Das hieß aber auch: SAT-Receiver ade und die Anschaffung eines teuren SAT-Moduls, um die ORF-Programme weiterhin empfangen zu können. Nach der Registrierung war auch noch eine Freischaltgebühr fällig. Das alles neben den ohnehin nicht mageren TV- Gebühren. Der ORF lässt sich nicht lumpen beim Abkassieren. Bei der Programmgestaltung hingegen mitunter schon.
Zur Überraschung funktionierte alles auf Anhieb. Doch nach vier Wochen waren die ORF-Programme plötzlich nicht mehr zu empfangen. „Verschlüsselt“, stand nun da. Die Privatsender liefen weiterhin tadellos. Was also? Hatte mich der ORF rausgeworfen? Ich versuchte mein erprobtes Procedere: AEG. Nichts änderte sich, kein Empfang! SAT-Modul raus und wieder rein. Keine Änderung! Elfmal wiederholt. Nichts. Das versuchte Aufschlauen im Internet schlug ebenso fehl.
Also: Anruf bei der ORF-Digital-Hotline. Mehrere Versuche scheiterten kläglich. Entweder rausgeworfen oder endlose Warteschleife. Frust! Stunden später ein neuer Versuch. Siehe da, nach acht Minuten meldete sich eine freundliche, akzentfreie weibliche Stimme. Sie empfahl, das Gerät aus- und einzuschalten. Kannte ich schon, machte es halt noch mal. Ergebnis negativ, eh klar. Sie regte an, das SAT-Modul raus- und reinzugeben. Gleiches Spiel. Eh klar, negativ.
Doch die Dame war nicht ratlos. „Dann ziehen Sie den Netzstecker raus und tun ihn nach 30 Sekunden wieder rein“. Wie blöd ist das denn, dachte ich noch. Doch, oh Wunder, es wirkte! Ich war baff und bedanke mich artig! „Das hilft oft“, meinte sie noch keck.
Bei einem Paar im Bekanntenkreis hatte es der Mann beziehungstechnisch des Öfteren mit AEG versucht. Doch irgendwann hat seine Frau den Netzstecker gezogen. Und nicht wieder eingesteckt. Da beherzige ich lieber den alten Slogan: AUS ERFAHRUNG GUT. (2022)
© JanGroenhain 2022-11-30