Afghanistan – Die Seen von Band-i-Amir

Elke R. Richter

von Elke R. Richter

Story

Von Pakistan reisten wir über den Khyber Pass nach Afghanistan. Wir durchquerten das Land und kamen über Kabul nach Bamiyan. Von dort führte eine Schotterstraße über einen Pass auf eine Hochebene, die von hohen Bergketten des Hindukusch eingerahmt wurde. Vorbei an Zelten, in denen Nomaden hausten, vorbei an einer Wasserstelle, an der verschleierte Frauen hockten, ging die Fahrt. Eine Kamelkarawane, beladen mit vollen Jutesäcken, Körben und Teppichen zog vorüber. Und schließlich befanden wir uns in einer menschenleeren Landschaft. Die Steine schlugen auf die Karosserie unseres Fahrzeugs.

Die teils heftigen Schläge hinderten jedoch einen älteren Mitreisenden nicht daran, einzuschlafen. Er saß auf dem hinteren Platz. Mit den Händen umfasste er den Vordersitz, seine rechte Wange ruhte auf der oberen Kante. Selbst die Brille verrutschte nicht, wenn ein Rad über einen größeren Brocken holperte.

Endlich tauchte viele Meter unterhalb der Piste der erste der fünf Seen von Band-i-Amir auf. Er war zwischen den Felsen eingebettet, das Wasser leuchtete in einer blaugrünen Farbe. Bei einem Halt posierte jeder für das obligate Foto. Paul setzte sich auf den Boden und legte das gewaltige Teleobjektiv auf die Schulter. Mit zusammengekniffenen Augen überlegte er, aus welchem Blickwinkel er die grandiose Landschaft einfangen sollte. Doch der Fahrer drängte zur Weiterfahrt. Auf Serpentinen führte die Piste durch eine zerklüftete Landschaft zum dritten See. Dieser war von Kalkbarrieren umgeben und glich dadurch einem natürlichen Stausee. Die Wasserfarbe schimmerte azurblau. Unterhalb des Damms befand sich eine kleine Moschee, die einer Schutzheiligen des hier lebenden Stammes geweiht war. Dort trafen wir drei Pilger. Sie saßen auf einem Karren, vor dem ein Esel trottete. Den zweiten See konnten wir nicht sehen, vom vierten erblickten wir nur eine leuchtende Silhouette. Der fünfte See verblasste in der Ferne.

Unser Reiseleiter mahnte zum Aufbruch, denn die Rückfahrt dauerte drei Stunden. Bei diesen Straßenverhältnissen war es gefährlich, in der Dunkelheit zu fahren, denn Schlaglöcher waren dann schwer zu erkennen.

Am nächsten Tag sollten wir eine weitere Fahrt mit Hindernissen auf einsamen Pisten erleben. Der Weg führte über einen Pass durch eine Steinwüste ohne Bäume und Sträucher. Als der Fahrer einmal anhielt, sprang der Motor nicht mehr an. Der Busfahrer machte die Motorhaube auf, murmelte unverständliche Worte und überprüfte alles Mögliche. Schließlich schoben die Männer den Wagen bis auf eine Anhöhe. Als er von dort herabrollte, sprang der Motor an und wir konnten nach Kabul weiterfahren.

© Elke R. Richter 2021-04-03

Hashtags