von Kunstwerk
Ich bin wütend, da ich meine Gefühle nicht ausdrücken kann und das Gefühl habe, ich zerplatze. Ich habe als kleines Mädchen nicht gelernt, wie ich mit meinen Emotionen umgehe, wie ich sie für mich gut einsetze, dass sie mich nicht überfordern und überrollen. Ich habe gelernt, brav und artig zu sein und mich im Griff zu behalten. Ich habe gelernt, dass meine Mutter hinter der verschlossenen Küchentüre mit meinem Vater getobt hat und ich als Kind ohnmächtig und schockiert dieses laute Drama mitverfolgen musste. Gott sei dank ist nie etwas Schlimmes passiert, aber als Kind hatte ich immer das Gefühl, das ist nicht richtig, so darf ich mich nicht aufführen, das überfordert mich und mein Umfeld.
Und nun? Ich bin Künstlerin geworden! Ich habe auf eine sehr friedliche Art und weise meinen Emotionen Raum gegeben. Sie ernst genommen, ihnen einen Kanal unbewusst ermöglicht, indem sie aus mir raus durften. Schon als Kind malte ich, zog ich mich in meinem Zimmer zurück und tauchte in meine emotionale Welt ein. Ich fühlte mich wohl, wenn mich niemand störte und ich mich mit mir und meinen inneren Emotionswellen beschäftigen durfte. Meine Eltern waren glücklich, dass ich so ein pflegeleichtes und angenehmen Kind war. Ich lernte auch von meinem Vater, dass Emotionen Schwäche sind und man lernen muss, sich im Griff zu halten.
Und nun? Ich forsche und will es wissen. Ich bin ein neugieriger Mensch und hatte irgendwann das Gefühl, dass meine Kunst mich vereinsamen ließ, da ich ja nur mit meinen Bildern im Austausch war aber nicht den Mut hatte, mit Menschen meine Emotionen auszutauschen. Ich hatte immer das Gefühl, das überfordert alle, das entfernt alle von mir, wenn ich mich zumute. Deshalb hatte ich auch nie den Mut, mich mitzuteilen in meiner tiefsten Not und meiner Bedürftigkeit.
Und nun? Das Leben ist ja Gott sei dank immer auf meiner Seite und gibt mir Möglichkeiten zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Ich habe drei Kinder in die Welt gesetzt, dir mir das Thema Emotionen auf unterschiedlichsten Ebenen näher gebracht haben. Da war kein Unterdrücken und Verdrängen möglich. Da kamen Vulkane an Ausbrüchen auf mich zu, die ich lernen musste anzunehmen und an mir zu arbeiten.
Und nun? Ich stelle mich meinen Emotionen und habe gelernt, dass Emotion Stärke ist. Emotionen lassen mich lebendig und ehrlich erscheinen. Sie geben meinem Gegenüber die Möglichkeit, mich in meiner Authentizität zu erfahren. Als Künstlerin lade ich nun Menschen in den Dialog ein und schaffe Portraits von den gesammelten Eindrücken, die ich mit der Kamera einfange. Mein Mut geht dorthin, dass ich das abbilde, was ich wahrnehme und mein Mut geht dorthin, dass ich es aushalte, wenn mein Gegenüber es anders sieht. Diese Grenze lässt mich als Künstlerin wahrhaftig erscheinen und ich spüre mich und meine Gesprächspartner in ihrer Tiefe.
Und nun? Ich liebe es, meine Emotionen zu spüren, meine Grenzen an Verletzlichkeit zu erfahren, indem ich forsche und mich genieße. AHHHHHHHHHH
© Kunstwerk 2021-07-11