von Maya Müller
Es ist morgens. Genauer gesagt, wir haben 5:25. Etwas, was ich nicht wirklich unter Morgen verstehe. Fünf Uhr ist eigentlich so gut wie Nacht. Verschlafen blinzele ich in die Dämmerung meines Zimmers hinein und gähne herzhaft. Irgendetwas hat mich geweckt, aber ich bin mir noch nicht wirklich sicher, was. Kurz warte ich, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Auf dem Fußboden zeichnen sich langsam die Schemen meiner Katze ab. Erleichtert lache ich sie an, was meine Katze wohl als Einladung versteht. Jedenfalls springt sie mit einem Satz auf mein Bett und rollt sich auf meinen Füßen zusammen. Fast schon neidisch beobachte ich, wie sie leicht schnurrend in einen Schlaf fällt. Es führt kein Weg mehr daran vorbei. Sie hat mich wach gemacht und jetzt werde ich wohl kaum mehr einschlafen können. Auf dem Nachtisch blinkt mein Handy auf. Immer noch halb am Schlafen greife ich danach. Mein Blick gleitet auf einen Button, der mehrmals hintereinander aufblinkt. Komisch, ich habe doch gar keine neue App installiert? Mit zusammengezogenen Augenbrauen tippe ich auf das Symbol.
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Es dauert eine Weile, bis die Seite geladen hat. Ich wage es nicht, den Blick vom Bildschirm zu lösen, so gespannt bin ich darauf, was sich hinter dem komischen Feld verbirgt. Dann blinkt es schon wieder auf, in so grellen Buchstaben, dass ich kurz geblendet die Augen schließen muss. Als ich sie wieder öffne, fällt mein Blick sofort auf den immer noch grellgrünen Schriftzug. “Sei aktiv, mach mit!“ Normalerweise interessiere ich mich nicht die Bohne für irgendwelche Umweltorganisationen. Ehrlich gesagt, ich bin ein bisschen enttäuscht darüber, dass sich hinter dem so interessanten Knopf nur eine Umweltorganisation verbirgt. Aber da ich sowieso nichts anderes zu tun habe, scrolle ich mit dem Finger ein wenig herunter. Je mehr ich lese, desto schockierter werde ich. Eigentlich startet der Text ja ganz harmlos. “Hast du schon einmal ein Blatt Papier beschrieben? Den Kamin angemacht?” Ich kann die Fragen alle nur bejahen. Doch dann fährt der Autor fort. “Weißt du eigentlich, wie viele Bäume dafür sterben müssen?” Was dann kommt, lässt mir den Atem stocken. Fakt für Fakt überfliegen meine Augen den gesamten Text.
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Als ich das Handy beiseitelege, kann ich immer noch nicht einschlafen. Die Zahlen schwirren mir im Kopf herum und ich bin zu entsetzt über das, was ich da gerade gelesen habe, um jetzt seelenruhig zu schlafen. Entschlossen taste ich wieder nach dem Smartphone und das Metall liegt kühl in meiner Hand. Verheißungsvoll. Ich öffne das Handy wieder und suche mir die Daten heraus, die ich brauche. Dann schwinge ich ein Bein aus dem Bett und lasse das andere folgen. Meine Katze sieht mich empört an. Ich ignoriere es. Zeit, aktiv zu werden.
© Maya Müller 2021-03-03